Von der Staatsanstalt für
Krankengymnastik und Massage
zur modernen Physiotherapieausbildung
am Universitätsklinikum Dresden
Die Berufsfachschule für Physiotherapie der Carus Akademie und das Universitäts-Physiotherapie-Zentrum am Universitätsklinikum Dresden veranstalten ein Symposium „Ein Jahrhundert Physiotherapie – Historie, Gegenwart und Perspektiven“ am 25.05.2019 anlässlich der Gründung der Ersten „Staatsanstalt für Krankengymnastik und Massage“ (02.06.1919) in Dresden.
Es gibt 38 Bachelor-Studiengänge in der Physiotherapie, von denen 13 primärqualifizierend sind, und etwa acht Masterstudiengänge im Bereich der Physiotherapie. Weitere ausbildungsintegrierte, ausbildungs- und berufsbegleitende Bachelor- und anschließende Masterstudiengänge - nicht nur in der Physiotherapie, sondern berufsübergreifend im Therapiemanagement, in der Interdisziplinären Gesundheitsversorgung, in den Gesundheitswissenschaften, dem Gesundheitsmanagement und der Medizinpädagogik kamen hinzu.
Die Physiotherapeutin Gisela Coburger (Krause) veröffentlichte anlässlich des 50jährigen Bestehens der Ärztegesellschaft Manuelle Medizin e.V. Berlin, deren Wurzeln in der Sektion Manuelle Medizin in der Gesellschaft für Physiotherapie der DDR liegen, ihre Monografie „Geschichte in Geschichten“.
Der Arzt Hans-Dieter Hentschel (1921 - 2016) engagierte sich in seinem Leben sehr für die Physiotherapie. Er forschte und publizierte über die Geschichte der Massage, über die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse der Physikalischen Medizin, der Hydro- und Balneotherapie sowie der Physiotherapie/Physikalischen Therapie. Er war ärztlicher Leiter der Rehabilitationsklinik Enzensberg, der Naturheilklinik Bad Wiessee und an der Medizinischen Fakultät der Technischen Universität München.
Die aktuell bis 2021 befristete Modellklausel wurde in das Berufsgesetz eingefügt. Dies ermöglichte den Hochschulen, grundständige Modell-Studiengänge in Physiotherapie anzubieten. Diese wurden und werden parallel evaluiert. 2021 wird eine erneute Entscheidung des Bundestages zur Überführung in Regelstudiengänge notwendig.
Das Pflege-Weiterentwicklungsgesetz trat am 01.07.2008 in Kraft. Eine Veränderung des § 63 Abs. 3b SGB V fand statt. In Zusammenarbeit mit der gesetzlichen Krankenkasse wurde ein „Modellvorhaben“ vereinbart. In diesem bestimmten Physiotherapeuten bei ausgewählten Diagnosen die Therapiemaßnahmen, die Dauer und Frequenz der Behandlungen selbst mit dem Ziel die Versorgungsqualität und die Kostenentwicklung im Gesundheitswesen zu optimieren.
An den 260 Berufsfachschulen für Physiotherapie waren die Schülerzahlen rückläufig, so dass es zu Schulschließungen kam.
Die Stiftung zur Förderung von Forschung und Evaluation in der Physiotherapie“ (ZVK Stiftung) wurde ins Leben gerufen. Diese fördert Forschungsprojekte mit dem Ziel einer „Evidenzbasierten Physiotherapie“. Ein erstes Ergebnis war die Herausgabe des Handbuches „Standardisierte Ergebnismessung in der Physiotherapie“ 2005.
Der Studiengang „Berufspädagogik für Gesundheitsfachberufe“ wurde an der Fachhochschule Bielefeld angeboten.
Der Erste Bachelorstudiengang in Physiotherapie startete in Hildesheim. Es folgten die FH Osnabrück und FH Kiel sowie weitere Studiengänge an Universitäten und Fachhochschulen.
Die Heilmittelrichtlinien und der Heilmittelkatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung wurden verabschiedet. Beides sind Steuerungsinstrumente für die Heilmittelversorgung, die damit auf eine völlig neue Verordnungsgrundlage gestellt wurde.
Der Deutsche Verband für Physiotherapie (ZVK) erarbeitete eine neuen Berufsordnung; diese berücksichtigte unter anderem das „Neue Denkmodell der Physiotherapie“ und die Prävention als eigenständigen Bereich der Physiotherapie
Der Deutsche Verband für Physiotherapie (ZVK) gründete die Physio-Akademie, ein gemeinnütziges Bildungswerk für Fort- und Weiterbildungen von Physiotherapeuten und die PhysioCongress & Medien GmbH, einen professionellen Partner für Veranstaltungsorganisation.
Gesundheitsreformen und Kostendämpfungsmaßnahmen prägten die Entwicklung der Physiotherapie. Heilmittel, wie auch die Physiotherapie, waren und sind zunehmend gefordert, ihre Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit nachzuweisen. Gleichzeitig wurden viele fernöstlichen Heilmethoden wie bspw. Akupunktmassage nach Penzel, Shiatsu oder Akupressur aber auch Wellnessangebote in viele Fortbildungskataloge aufgenommen und als Privatleistung angeboten. Durch die Europäisierung und Globalisierung zeigte sich, dass die deutsche Physiotherapie im internationalen Vergleich hinsichtlich ihres Ausbildungsabschlusses viele Defizite aufwies. Die ersten Diskussionen über eine Akademisierung des Berufs wurden abgehalten.
Erstmals war es möglich, dass Physiotherapeuten in Kooperation mit einer niederländischen Hochschule einen Bachelorabschluss erwerben.
Erstmals ist es möglich, dass Physiotherapeuten in Kooperation mit einer niederländischen Hochschule einen Bachelorabschluss erwerben.
Antje Hüter-Becker (1941-2016), die Lichtgestalt der deutschen Physiotherapie des ausgehenden 20. Jahrhunderts entwickelte das neue deutsche physiotherapeutische Theoriemodell, das „Neue Denkmodell in der Physiotherapie“. Sie versuchte, die unterschiedlichsten und in ihrer Fülle kaum noch überschaubaren Techniken und Methoden der Physiotherapie zu einer Einheit zusammenzuführen. Das Modell dient als Grundlage für eine systemübergreifende Denk- und Handlungsweise in der Physiotherapie. Diese orientiert sich nun nicht mehr an den klinischen Fächern, sondern an ihren primären Wirkorten. Frau Hüter-Becker war seit 1976 Chefredakteurin der pt_Zeitschrift, bis 2006 begleitete sie dabei ein ärztlichen Leiter und danach war sie in der Redaktionsarbeit frei tätig. Sie arbeitete als Krankengymnastin in der Neurologie, lehrte in Heidelberg und setzte sich in der Berufspolitik auf Landesebene sowie von 1983 bis 1986 als Vorsitzende auf Bundesebene für die Weiterentwicklung der Krankengymnastik ein. Sie verfolgte das Ziel, dass Physiotherapeuten ein berufliches Selbstverständnis und -bewusstsein entwickeln.
Das Berufsgesetz wurde überarbeitet und inhaltlich sowie strukturell aktualisiert. Die gesetzlich geschützte Berufsbezeichnung lautete nun „Physiotherapeut“. Damit ging die Neustrukturierung der Ausbildung einher und die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Physiotherapeuten trat in Kraft. Die dreijährige, schulische Ausbildung schloss eine praktische Qualifizierung mit ein. Das Anerkennungsjahr fiel damit weg. Die gesamte schulische theoretische Ausbildung umfasste nun 4.500 Stunden. Die Ausbildungsinhalte wurden angepasst und klinische Fächer wie Geriatrie, Rheumatologie, Arbeits- und Sportmedizin, naturwissenschaftliche Fächer wie Angewandte Physik und Biomechanik aber auch sozialwissenschaftliche Fächer wie Pädagogik, Psychologie und Soziologie wurden in die gesamtdeutschen Ausbildungs- und Prüfungsverordnung integriert.
Nach zehnjähriger Entwicklungsarbeit verabschiedete die Arbeitsgemeinschaft „Lehrer in der Krankengymnastik im ZVK“ ein dreibändiges Curriculum für die Ausbildung von Physiotherapeuten. Es sah eine dreijährige Ausbildung mit integrierter praktischer Ausbildung vor. Die „Arbeitsgemeinschaft Medizinalfachberufe in Therapie und Geburtshilfe“ (AG MTG) gegründete sich, mit dem Ziel, die Berufsausbildung zu akademisieren und die weitere Professionalisierung der einzelnen Berufsgruppen voranzutreiben. Beteiligt waren der Deutsche Verband für Physiotherapie (ZVK), der Interessenverband Freiberuflicher Krankengymnasten (IFK), der Verband der berufstätigen Arbeitstherapeuten (Ergotherapeuten), der Deutsche Berufsverband für Logopädie, der Berufsverband der Orthoptistinnen und der Bund Deutscher Hebammen.
Der ost- und der westdeutsche Berufsverband unterzeichneten den „Vereinigungsvertrag“. Von nun an wurden Krankengymnasten in ganz Deutschland als Physiotherapeuten bezeichnet. Mit dem Ziel der internationalen Anpassung wurde der „Zentralverband Krankengymnastik e.V.“ in „Deutscher Verband für Physiotherapie – Zentralverband der Krankengymnasten (ZVK) e. V.“ umbenannt. Mit der Wiedervereinigung konnten alle Physiotherapeuten erstmals das Studium der Medizinpädagogik an der Humboldt-Universität in Berlin oder der Universität Halle/Saale aufnehmen. In den 90er Jahren wurde die „WCPT- European Region“ als regionale Struktur im Weltverband der Physiotherapeuten gegründet. Der europäische Regionalverband bestand aus 35 Mitgliedsorganisationen mit einem Generalsekretariat in Brüssel.
Die Gesundheitsreform und Kostendämpfungsmaßnahmen von und ab 1982 prägten diese Zeit. Die Heil- und Hilfsmittelrichtlinien traten in Kraft und bedeuteten für die Krankengymnastik häufig einen schmerzhaften Einschnitt. Ende der 1980er-Jahre befand sich die Krankengymnastik in ihrer »zweiten Blüte«“ und war in nahezu allen medizinischen Fachgebieten konsolidiert, verfügte über eigene Fachbücher und viele Behandlungsmethoden. Der Berufszweig wurde nun für Männer interessant, die vor allem das neue Gebiet der sportmedizin / Sportphysiotherapie reizvoll fanden.
Die medizinische Versorgung in Ostdeutschland nach dem Mauerfall profitierte vom medizinischen Fortschritt aus Westdeutschland. Die Polikliniken wurden zugunsten von Einzelpraxen aufgelöst. Viele Physiotherapeuten standen vor der Entscheidung über ihre berufliche Perspektive. Eine Selbständigkeit war erst mit mindestens 2 Jahren Berufserfahrung möglich. Physiotherapeuten ergänzten ihre Kenntnisse und Fähigkeiten aus der bereits sehr breitgefächerten und auf hohem Niveau absolvierten Ausbildung durch neue Fort- und Weiterbildungsangebote. Die Qualifizierungsnachweise der Therapeuten gegenüber der Krankenkasse wurden notwendig.
Angebot spezieller MT-Fortbildungskurse für Sehbehinderte Physiotherapeuten und Masseure. Leitung: Dr. Nause. Beginn mit einem Muskelkurs (November 1985) unter der Leitung von Dr. Nause.
Die freiberuflichen Krankengymnasten gründeten neben dem ZVK einen zweiten Berufsverband, den Interessenverband freiberuflicher Krankengymnasten - IFK e. V. (heute 2019, Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten – IFK e. V.).
Aufgrund des gestiegenen Bedarfs an Krankengymnasten schnellte auch die Zahl der Schulen, darunter Private Schulen, nach oben: 1971-22 Schulen, 1981-44 Schulen und 1998-225 Schulen. Da die Frühmobilisation und zahlreiche neue Operations- und Behandlungstechniken eingeführt wurden stieg der Bedarf in allen medizinischen Fachbereichen für Physiotherapie.
Die Prävention rückte als ein neues Tätigkeitsfeld in den Fokus und die Rückenschule gewann an Bedeutung. Das Aufkommen neuer Trainingsmethoden an Geräten, der Medizinischen Trainingstherapie, erinnerte an die Zander-Ära. Die Funktionsanalyse nach Brügger bereicherte die Methodenvielfalt der Krankengymnastik. Da chronische Rückenschmerzen unterschiedlicher Genese in der Bevölkerung Spitzenwerte erreichten, wurde in den 1980er Jahren die Rückenschule als Präventionsmaßnahme entwickelt.
Die Deutsche Gesellschaft für Manuelle Medizin (DGMM) und der ZVK erreichten in Verhandlungen mit den Kostenträgern eine gesonderte Gebührenposition Manuelle Therapie, die nach der Grundausbildung Physiotherapie erworben werden musste.
Die Lehrbuchreihe „Physiotherapie“ wurde von J. Christoph Cordes, Wolf Arnold, Brigitte Zeibig publiziert. Es spiegelte den Kenntnisstand der Physiotherapie, Sportmedizin und Gymnastik in der DDR wieder. Die Autoren veröffentlichten weitere Bücher dieser Lehrbuchreihe. Dieses Werk erschien bis 1989 (VEB Verlag Berlin).
Der erste anderthalbjährige Vollzeit-Lehrgang für Lehrer der Krankengymnastik wurde am Heidelberger Lehrerseminar angeboten.
Die 70er Jahre standen im Zeichen der fachlichen Weiterbildungen. Die Fort- und Weiterbildungen wurden zentral geplant und durchgeführt. Physiotherapeuten konnten sich in verschiedenen Richtungen an Bezirksakademien für Gesundheits- und Sozialwesen zu Fachphysiotherapeuten weiterqualifizieren, in den Fachrichtungen zählten Sportmedizin, Zerebralparesen, Amputationen und Extremitätendefekte, Funktionelle Störungen sowie psychische Erkrankungen. Die zweijährige Weiterbildung war kostenlos, aber schwer zugänglich. Neben den fachlichen Themenfeldern spielten politische Themen in der Aus- und Weiterbildung der Physiotherapeuten eine große Rolle.
Physiotherapeuten hatten die Möglichkeit sich in einer eineinhalbjährigen Ausbildung zum Arbeitstherapeuten, heute Ergotherapeuten ausbilden zu lassen. Auf Grund der Wurzeln der tänzerischen Gymnastik und des Ausdruckstanzes in Dresden sind die ostdeutschen Physiotherapeuten auf dem Gebiet der rhythmischen Gymnastik und Bewegungsangeboten erfahren. Die psychischen und psychosomatischen Komponenten der Gesundheit fanden dadurch mehr Berücksichtigung in der Therapie.
In der BRD stieg in dieser Zeit die Nachfrage nach Krankengymnastik. Die Zahl der Schulen verdoppelte sich. Der Fortbildungsmarkt expandierte zunehmend, Kurse der Funktionellen Bewegungslehre nach Klein-Vogelbach, Übungen mit dem Pezzi-Ball, Stemmführungen nach Brunkow und ab 1975 die Manuelle Therapie waren vorherrschend. Die Schweizer Schauspielerin, Lehrerin für rhythmische Gymnastik und Physiotherapeutin Susanne Klein-Vogelbach (1909-1996) beschäftigte sich intensiv mit der qualitativen Analyse von Bewegungen, entwickelte die Funktionellen Bewegungslehre (FBL) und befasste sich ausführlich mit funktionellen Gesundheitsproblemen bei Musikern. In den folgenden Jahren erweiterte sich das Spektrum der Physiotherapie in den Bereichen Sportmedizin und Psychiatrie.
Ab dem 01.09.1974 wurde die Ausbildung mittlerer medizinischer Kader wieder in die Fachschulausbildung erhoben. An den Medizinischen Fachschulen der DDR wurde die Ausbildungsdauer wieder auf drei Jahre verlängert, das Abitur als Zulassungsvoraussetzung wieder eingeführt und die Ausbildung mit einer Abschlussarbeit sowie mündlichen und praktischen Prüfungen beendet. Die Schüler nannten sich ab 1978 Fachschulstudenten. In der DDR war es ein Fachstudium. Die komplexen praktischen Abschlussprüfungen am Patienten wurden eingeführt (operativer und konservativer Behandlungsbereich). Die Schulen arbeiteten regelmäßig an den Ausbildungskonzepten und deren Verbesserung sowie Aktualisierung. In diesem Jahr begann auch die einjährige Erwachsenqualifizierung vom Masseur zum Physiotherapeuten. Ab 1977 betrug die Ausbildungszeit dann 1½ Jahre. Freiberufliche Tätigkeit gab es in der DDR kaum. Physiotherapeuten waren meist in Polikliniken angestellt, deren Konzentration vor allem in größeren Städten lag. Es kam zur Unterversorgung an physiotherapeutischen Leistungen in den ländlicheren Gebieten.
Freddy M. Kaltenborn, Olaf Evjenth, James Cyriax gründeten das „International Seminar of Orthopaedic Manipulative Therapy” (ISOMT). Ziel war es, für Krankengymnasten eine komplette Weiterbildung in Manueller Therapie nach internationalen Standards mit internationalen Examen zu etablieren eine Ausbildung zum Orthopädischen Manual Therapeuten (OMT- Ausbildung). Erst 1990 legten die ersten deutschen Krankengymnasten das OMT- Examen vor einem international besetzten Gremium ab.
Die XX. Olympische Spiele in München verdeutlichten eine rapide Entwicklung auf dem Gebiet der „Krankengymnastik in der Sportmedizin“. Erstmals nahmen deutsche Krankengymnasten/innen an einer Olympiade teil und übernahmen die Sportlerbetreuung: Werner Kuprian (†2003), Margrit List, Ingeborg Liebenstund (1932 - 2016), Barbara Böhm, Erika Staehle-Hiersemann und Willy Dumont (*1931).
An der Medizinischen Akademie wurde die Physiotherapie sowohl in der orthopädischen Klinik als auch in der Abteilung der Physiotherapie der Medizinischen Klinik weiter entwickelt. Eine besondere Bedeutung in dieser Zeit hatte das Wirken des Facharztes für Innere Medizin und Physiotherapie Herbert Edel (1914 - 2005) in Dresden. Der erste Lehrstuhlinhaber für Physiotherapie an der Medizinischen Akademie Dresden Herbert Edel teilte mit Katharina Knauth und weiteren Krankengymnastinnen eine ganzheitliche Sicht auf das Fach Physiotherapie. In Zusammenarbeit mit Katharina Knauth, leitende Physiotherapeutin der Poliklinik und weiteren Dresdner Krankengymnastinnen erlangte die Elektrotherapie eine Vorreiterrolle. Spezifische krankengymnastische Bereiche wie funktionsbezogene Physiotherapie, Bindegewebsmassage, Atemtherapie und Ausdrucksgymnastik waren in kontinuierlicher und wissenschaftlicher Bearbeitung. Eine Vielzahl an Veröffentlichung stammten aus Prof. Edels Wirkzeit, wie das Standardwerk für Elektrotherapie und das mit Katharina Knauth verfasste Atemtherapiebuch. Auch Fachärzte für Physiotherapie wurden von Katharina Knauth ausgebildet.
Der Verband der Masseure nannte sich ab 28.11.1975 „Verband Physikalische Therapie (VPT) e.V.“.
Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Ausübung der Berufe des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten. Bundesgesetzblatt Teil I1965Nr. 29 vom 08.07.1965
Mit ministerieller Genehmigung nannten sich die Krankengymnasten in der DDR ab 1964 nach internationaler Bezeichnung „Physiotherapeuten“. Brigitte Zeibig (†1988) trug maßgeblich dazu bei, das Spektrum der zu lehrenden / lernenden Ausbildungsinhalte zu erweitern. Der ganzheitliche Ansatz in den Zielsetzungen der Therapien wurde gestärkt, die physiologischen Grundlagen sowie das Spektrum der Therapiemethoden erweitert.
Nach Einführung des Systems der Erwachsenenqualifizierung, konnten sich Masseure berufsbegleitend zum Physiotherapeuten weiterbilden. Die Weiter- und Fortbildung der Physiotherapeuten stand auf mehreren Säulen:
Die „Arbeitsgemeinschaft für Physiotherapeuten in der Gesellschaft für Orthopädie der DDR“ unter Leitung der Leipzigerin Brigitte Zeibig gegründet. Mitarbeiterinnen waren: Frau Hella Haase, Elke Eckhardt, Dore Lütjens.
Als Reaktion auf den an der Humboldt-Universität in Ost-Berlin eingerichteten Studiengang für Medizin- und Pflegepädagogik, in den sich auch Krankengymnasten einschreiben durften, initiierte der West-Berliner Gesundheitssenat in Zusammenarbeit mit der Krankengymnastikschule am Oskar-Helene-Heim einen ersten Lehrgang zur Heranbildung von Krankengymnastik-Lehrkräften.
Die Zulassungsbedingungen zur Lehrausbildung wurde geändert. BewerberInnen mit einem Mindestalter von 16 Jahren und mit Abschluss der 10. Klasse erhielten nun eine zweieinhalbjährige Lehre.
Mit Umwandlung der Medizinischen Fachschulen in Medizinische Schulen wurde die Ausbildung zum Lehrberuf mit einer dreijährigen Ausbildungszeit. Nach der Abschlussprüfung verlieh der jeweilige Kreisarzt die staatliche Anerkennung. Für die Ausbildung wurden Jugendliche im Alter von 18 Jahren mit Abitur bzw. einer abgeschlossenen Hilfsschwesternausbildung und mit sehr gutem Abschluss nach der 10. Klasse.
Das Institut für Weiterbildung mittlerer medizinischer Fachkräfte in Potsdam überarbeitete ab 1960 im Auftrag des Ministeriums für Gesundheitswesen regelmäßige die Studienpläne für Physiotherapie in der DDR. Dazu wurde eine zentrale Fachkommission für die Weiterentwicklung der Gesundheitsfachberufe eingerichtet.
Fachlehrer für Gesellschaftswissenschaften übernahmen in der Leipziger Berufsfachschule die Leitung der Abteilung für Krankengymnastik (bis 1965 Manfred Bernhard, bis 1987 Ullrich Renner, bis 1991 Diplom Medizinpädagogin Barbara Tiefert, ab 1991 Fachphysiotherapeutin und Diplom Sportlehrerin Dr. phil Anita Wilda-Kiesel – alle unterstanden einem Schuldirektor jedoch nicht einem ärztlichen Leiter)
Am 7. Dezember 1960 traf auf Basis des Berufsgesetzes von 1959 die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Krankengymnasten (AprO) in Kraft. Die AprO blieb über 30 Jahre unverändert und regelte im Rahmenlehrplan die Wochenstunden der einzelnen Fächer in der Ausbildung. Neue Behandlungstechniken wie z.B. PNF und das Bobath Konzept wurden in Deutschland eingeführt.
Das „Gesetz über die Berufe des Masseurs, des Masseurs und medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten“ beinhaltete die einheitliche, zweijährige Ausbildung mit anschließendem einjährigen Anerkennungspraktikum in einem Krankenhaus. Am 1. Juli 1958 trat nach neunjähriger Beratung das erste bundeseinheitliche Berufsgesetz über die Ausübung der Berufe des Masseurs, des Masseurs/ medizinischen Bademeisters und des Krankengymnasten (MPhG) in Kraft, welches 1994 nach der Wiedervereinigung überarbeitet wurde.
Die „Zeitschrift Krankengymnastik“ des Richard Pflaum Verlags wird offizielles Organ des ZVK.
Der Dachverband wurde in „Zentralverband Krankengymnastik e. V.“ umbenannt.
An der medizinischen Akademie in Dresden wurde die Berufsfachschule mit einer dreijährigen Ausbildung zum Krankengymnasten gegründet. Nach der Zerstörung Dresdens und dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde das Gesundheitswesen wieder aufgebaut. Die Dresdnerin Anna Maria Herberg, Schülerin der Staatsanstalt von 1930 bis 1932, erhielt bereits am 23. Juli 1945 die erneute Praxiszulassung.
Der „Zentralverband der krankengymnastischen Landesverbände im westdeutschen Bundesgebiet e. V.“ (ZVK) gründete gemeinsam mit Verbänden anderer Länder den internationalen Berufsverband, den „World Confederation of Physical Therapy“ (WCPT). Der erste Rahmenvertrag mit dem Verband der Krankenkasse e.V. und dem Verband der Arbeitsersatzkassen wurde geschlossen, um u.a. die Sicherung und Vergütung krankengymnastischer Leistungen festzulegen sowie die Selbstständigkeit von Krankengymnasten zu ermöglichen.
Die Sternstunden von Erich Deuser (1910-1993) bei Fortuna Düsseldorf hellen weltweit auf. Als „Vater der deutschen Sportphysiotherapie“ begeisterte er durch seine Sportmassagetechniken und Sportphysiotherapeutische Behandlungsmaßnahmen weltweit.
Europa Der erste internationale Kongress der Kinesiotherapie wurde vom französischen Verband „Société de Kinésithérapie“ in Paris veranstaltet.
Die Schulen für Krankengymnastik wurden in „Medizinische Berufsfachschulen“ umbenannt. Sie waren nun in staatlicher Hand, auch die Ausbildungskosten für Schüler entfielen. Einstiegsalter in die Ausbildung war das vollendete 17. Lebensjahr. Dauer der Ausbildung betrug zwei Jahre mit anschließendem praktischem Jahr in einer Klinik, in der die Schüler zwei Behandlungsprotokolle erstellen mussten. Danach bekamen diese die „Staatliche Berufserlaubnis“. Der Name Staatsanstalt wurde in „Medizinische Berufsfachschule“ geändert. Das letzte Semester des 51. Jahrgangs legte im Herbst 1950 sein Examen ab und erhielt noch im Zeugnis den alten Namen „Staatsanstalt für Krankengymnastik und Massage“ Dresden. Der Lehrplan wurde überarbeitet und es kamen nunmehr politische Fächer, Marxismus-Leninismus, dazu. Ab 1951 leiteten Christa Ring (geborene Zetsche), Clarissa Clemen und dann Brigitte Zeibig (†1988) die Leipziger Berufsfachschule.
Eine inhaltliche Differenzierung zwischen Krankengymnastik und pflegerischer Gymnastik, welche die Grenzen zwischen beiden Tätigkeitsfeldern deutlich macht, wurde vom Orthopäden Frank Schede in der „Zeitschrift für orthopädische Chirurgie einschließlich der Heilgymnastik und Massage“ verfasst.
Die Erste Ausgabe der Zeitschrift „Krankengymnastik“ mit den Untertitel: „Fachzeitschrift für Krankengymnastinnen“ erschien „Anfang März 1949“: Verlag Richard Pflaum in München und wird offizielles Organ des ZVK.
Die erste berufsständische Vertretung, der Dachverband „Zentralverband der krankengymnastischen Landesverbände im westdeutschen Bundesgebiet e. V.“ (ZVK) wurde in Bad Soden am Taunus gegründet. Die ärztlichen und technischen Leiterinnen der zehn Berufsfachschulen aus dem gesamten Bundesgebiet trafen sich zur ersten Schulkonferenz.
Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie diskutierte auf ihrem Kongress in München 1949 über die „Ausbildung und Organisation der orthopädischen (!) Hilfskräfte im Dienst der Wiederherstellung der Beschäftigten“. Die Vertreter der Orthopäden, in deren Händen die Leitung der Krankengymnastikschulen lagen, unterstützten die Ziele des Berufsverbands. Die Verbindlichkeit ärztlicher Verordnungen stand weiterhin außer Frage, jedoch sollte die verordnete Krankengymnastik qualitativ abgesichert und vor Übergriffen anderer therapeutischer Felder gesichert werden.
Irmgard Kolde, Asta von Mülmann, Christa Dültgen (1909-1993), Freulein Gustedt und Gertrud Finke gründeten die sogenannte „Gruppe 48“, die sich erstmals in Heidelberg trafen und unternahmen erste Schritte in Richtung Gründung eines Berufsverbands der Krankengymnasten. Sie gründeten die erste Zentralorganisation am 03.04.1948, in Anwesenheit von zwei englischen Krankengymnastinnen und mit dem Ziel, die Position der Krankengymnasten zu stärken. Irmgard Kolde war die erste Vorsitzende des Verbandes. Elf Krankengymnastinnen, Vertreterinnen verschiedener Krankengymnastikschulen und krankengymnastischer Landesverbände, waren überzeugt: Dieser Wirrwarr in unserem Berufsstand muss sich ändern! Irmgard Kolde, Asta von Mülmann, Christa Dültgen (1909-1993), Freulein Gustedt und Gertrud Finke gründeten die sogenannte „Gruppe 48“.
Nach Wiederaufnahme der Ausbildung an der „Staatsanstalt für Krankengymnastik und Massage“ führte die Anstaltsleitung unter Irmgard Kolde Aufnahmevoraussetzungen ein, unter anderem ein sechswöchiges Pflegepraktikum sowie Kenntnisse in Stenografie. Die erste reguläre, zweijährige Ausbildung begann mit 53 Teilnehmern im Frühjahr und Herbst an der „Staatsanstalt für Krankengymnastik und Massage“ Leipzig. Anfänglich war das Ausbildungsprogramm mit dem der Vorkriegszeit identisch; die Änderungen traten langsam in den fünfziger Jahren ein; Behandlungsmöglichkeiten wie die reflektorische Massagetechniken (Bindegewebsmassage, Segmentmassage, Colonmassage und Periostbehandlungen), Elektrotherapie, Hydrotherapie und balneologische Verfahren wurden nach und nach in das Ausbildungsprogramm eingeführt. In den 50iger Jahren wurden die physiologischen wissenschaftlichen Erkenntnisse der UdSSR sowie der anderen Staaten des „Ostblockes“, aber auch die zugänglichen Erkenntnisse der „Weststaaten“ einbezogen; die Universitätskliniken und Hochschulen spielten eine wesentliche Rolle.
In diesem Zeitraum entwickelten sich viele krankengymnastische Techniken, die auf neurophysiologischen Grundlagen beruhen wie z.B. Komplexbewegungen nach Kabat / Propriozeptive neurophysiologische Fazilitation (PNF), Bobath und andere. Diese waren schon teilweise geschützt und wurden in Fortbildungszentren gelehrt.
Die Besatzungszeit brachte viel berufliche und identitäre „therapeutische“ Unsicherheit mit sich. Unterschiedlich ausgebildete Turn- und Gymnastiklehrer, Masseure und Heilgymnasten sowie kurz geschulte Helfer praktizierten die „Heilgymnastik“. Es gab noch kein Berufsgesetz, welches die Anforderungen an die Ausbildung regelte. Es gab keine zentrale Interessenvertretung. Die Deutsche Orthopädische Gesellschaft beschrieb in der deutschen Fachzeitschrift für Krankengymnasten die Zustände: „Nach Beendigung des Krieges konnte es nicht ausbleiben, dass Hilfskräfte sich nun in großer Zahl auf dem Gebiet der Krankengymnastik und Massage beruflich zu betätigen versuchten […]. Es ist klar, dass eine solche Überfüllung der medizinischen Hilfsberufe mit völlig ungenügend geschulten Kräften eine schwere Gefahr für die Volksgesundheit bedeutet.“ physiopraxis 10/09 Heidi Kohlwers.
In der Sowjetischen Besatzungszone (Sachsen und Thüringen, die Provinz Sachsen-Anhalt, ein großer Teil der Provinz Brandenburg sowie Mecklenburg und Vorpommern) wurden 1946 in den vorhandenen Schulen die Ausbildungen spontan aufgenommen und mussten allerdings teilweise abgebrochen werden, da nicht genügend „entnazifizierte“ Lehrer zu Verfügung standen“ (vgl. Gisela Coburger, 2016). Im selben Jahr begann die Ausbildung zum Masseur im Rehabilitationszentrum für Sehbehinderte und Blinde auf der Flemmingstraße in Chemnitz.
Von Mai 1945 bis August 1946 blieb die Schule in Leipzig geschlossen.
In das auf der nationalsozialistischen Ideologie basierende Konzept der Neuen Deutschen Heilkunde ließ sich die Krankengymnastik gut einfügen. In dieser Zeit wurde auf die Gesunderhaltung des Volkskörpers und auf eine rasche sowie preisgünstige Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit großer Wert gelegt. Es wurden weitere Schulen gegründet und die Ausbildung auf ein Jahr verkürzt, um mit einem Notexamen den Lazarettdienst antreten zu können. Turn- und Sportlehrerinnen, Rotkreuzschwestern und dienstliche Helfer übernahmen therapeutische Aufgaben.
Zahllose Verletzte während dem Zweiten Weltkrieg und das Ansteigen von Poliomyelitis-Infektionen ließen die Krankengymnastik mit speziellen Übungsprogrammen und neuen Behandlungstechniken wachsen sowie noch an Bedeutung gewinnen. Weiterhin wurden in dieser Zeitepoche gebärende Frauen in Wochenbett- und Schwangerschaftsgymnastik unterwiesen. Gymnastik und Leibesübungen dienten als optimale Vorbereitung auf den folgenden Krieg. Die „deutsche Krankengymnastik“ wurde entwickelt.
Irmgard Kolde, die zuvor in München gearbeitet hatte, erhielt die fachliche Leitung der Staatsanstalt in Leipzig; enge Verbindungen gab es zu den Heilanstalten Hohenlychen; in Hohenlychen arbeitete unter anderem die Krankengymnastin Christa Dültgen (Krankengymnastin von Albert Speer); In den Heilanstalten Hohenlychen hatte sich zu dieser Zeit die NS-Elite getroffen, die die Einrichtungen in Hohenlychen gern auch privat nutzten. Die beiden durchsetzungsfreudigen Krankengymnastinnen zeigten fachliche Stärken in der Unfallchirurgie, Orthopädie (Skoliosetherapie) und im Versehrtensport
Die „Staatsanstalt für Krankengymnastik und Massage“ wurde von Dresden nach Leipzig verlegt; Der Direktor der orthopädischen Klinik Leipzig Prof. Franz Schede (1882-1976) übernahm die Leitung; bis 1950 behielt die Krankengymnastikschule den Namen „Staatsanstalt für Krankengymnastik und Massage“. Gründe für die Verlegung (Akte; Recherche sächsisches Staatsarchiv Jan 2019, Conrad, Andrea):
Von 1900 bis 1938 war die Krankengymnastik ein mit wenigen Ausnahmen reiner Frauenberuf. Ab 1938 begann die neunmonatige krankengymnastische Ausbildung auch für Sanitätsunteroffiziere. Bald gab es reine Männersemester.
In diesem Jahr erschien das Werk von Alfred Brauchle (1898-1964) unter dem Titel: Naturheilkunde in Lebensbildern (Verlag Philipp Reclam jun. Leipzig 1937, Reclam-Verlag Stuttgart). Der Begriff „Naturheilverfahren“ wurde in der letzten Überarbeitung 1971 synonym mit den International gebräuchliche Übersetzung "Physiotherapie" verwendet. Alfred Brauchle war der erste Autor, der sich mit der „Geschichte der Physiotherapie“ beschäftigt hat.
Mit der badischen Verordnung über die staatliche Prüfung für Krankengymnastik wurde erstmals der Schutz der Berufsbezeichnung beschrieben. Die zweijährige Ausbildung beinhaltete eine mündliche Prüfung in Krankheitslehre in den Bereichen Chirurgie, Orthopäde, Innere Medizin und Frauenheilkunde. Weitere Prüfungsfächer waren: Funktionelle Anatomie, Krankengymnastik, Theorie der Gymnastik und Hygiene der Leibesübungen, Gruppenbehandlungen und eigene Körperübungen. Nicht geprüften Personen wurde es von nun an untersagt als Krankengymnast tätig zu sein.
Der deutsche Internist und Sportmediziner Prof. Arno Arnold (1897-1963) übernahm die Leitung der Staatsanstalt. Er schaffte die Schwesternkleidung ab und ersetzte diese durch weiße Kittel. Von nun an wurde die „deutsche Gymnastik“ anstatt der „schwedischen Gymnastik“ gelehrt.
Bis 1930 wurden 241 Schülerinnen erfolgreich an der Staatsanstalt in Dresden ausgebildet.
In Dresden findet die „ II. Internationale Hygiene-Ausstellung“ statt.
Rudolf Klapp eröffnete die Krankengymnastikschule in Marburg. Er entwickelte eine neue Methode zur Skoliosebehandlung, die unter dem Begriff „Klappsches Kriechen“ bekannt und bei Patienten mit Rückendeformitäten ausgeführt wurde.
Der deutsche Sportmediziner Wolfgang Kohlrausch (1888-1980) eröffnete eine Krankengymnastikschule an der chirurgischen Universitätsklinik Berlin und leitete später noch weitere Krankengymnastikschulen. Infolge seiner interdisziplinäre Zusammenarbeit mit den deutschen Chirurgen August Bier (1861-1949) und Rudolf Klapp (1873-1949) wurde die Krankengymnastik der Weimarer Zeit in weitere Fachgebiete wie die Neurologie, Gynäkologie und Innere Medizin integriert. Die Krankengymnastik erfährt durch Kohlrausch und die Krankengymnastin Hede Teirich- Leube (1903-1979), die später selbst Medizinerin ist, mehr Ansehen bei den Medizinern.
In Düsseldorf findet die Ausstellung GeSoLei - „Gesundheit, Soziale Fürsorge und Leistung“ statt. Es ist die Geburtsstunde des Konzeptes: des „neuen, leistungsfähigen Mensch“.
„Akten der Reichskanzlei. Weimarer Republik” Erlass über die staatliche Prüfung von Masseuren (Masseurinnen) vom 10.7.1923 und der dazu erlassenen Ausführungsanweisung nebst dem Ausbildungsplan für die Lehrgänge der Massageschulen. Veröffentlichung in der Volkswohlfahrt Nr.17 vom 1.9.1923 - Seite 394.
Kaethe (Katharina) Schroth (1984 in Dresden – 1985 in Bad Sobernheim) gründete in Meißen ein Institut für die dreidimensionale Skoliosebehandlung, dabei übte sie mit ihren Patienten im Freien auf der großen Wiese. Sie publizierte ihr Buch „Die Atmungskur“, Ende der 1920er Jahre ließen sich auch Patienten aus dem Ausland (Schweiz und Italien) von ihr in Meißen behandeln.
Gründung der Mary-Wigman-Schule in Dresden. Atem- und Bewegungsschulungen wurden genutzt, um den leiblichen Bewegungsausdruck zu ermöglichen. Doch den „wilden Frauen“ wurde der Einzug in die medizinische Gesellschaft noch verwehrt. Ihre Einflüsse wurden später von Katharina Knauth und Edith Schulze-Fickert in die Physiotherapie eingebracht.
Der Sächsische Landtag beschloss die Einrichtung der ersten staatlich anerkannten Krankengymnastikschule in Deutschland. Die “Staatsanstalt für Krankengymnastik und Massage“ wurde in der Wielandstraße 2 in Dresden von Willem Smitt am 02.06.1919 gegründet. Damit wurde ein Berufsstand für Frauen eingeführt. Die Lehrzeit betrug zwei Jahre. Neben der praktischen Ausbildung in Krankengymnastik wurde Massage sowie hydrotherapeutische und elektrotherapeutische Verfahren unterrichtet. In der Lehr- und Heilanstalt lernten die Schüler die Krankengymnastik praxisnah und behandelten ambulante Patienten. Vor allem die Kriegsbeschädigten aus dem Ersten Weltkrieg wurden rehabilitiert.
Gefragt waren Heilgymnasten vor allem nach dem Ersten Weltkrieg zur Behandlung und Rehabilitation Kriegsverletzter (Krüppel- und Kriegsopferfürsorge). Aber auch Unfallopfer aufgrund des zunehmenden Straßenverkehrs und der fortschreitenden Industrialisierung eröffneten der Heilgymnastik neue Aufgabenfelder. Im Fokus der Heilgymnastik stand die Wiederherstellung der körperlichen Leistungsfähigkeit in Abhängigkeit von der jeweiligen Behinderung.
Der sächsische Generalarzt und Schüler des Stockholmer Zentralinstituts Willem Smitt (1862 Leipzig -1922 Dresden) begann in seiner privaten Praxis in der AOK-Poliklinik mit der Ausbildung von 300 Gymnastikschwestern in schwedischer Gymnastik. Zudem wurden sie in manueller Massage unterrichtet.
Eröffnung des AOK-Gebäudes am Sternplatz in Dresden mit eigener physikalischer Heilanstalt auf einer Fläche von 600m². Nach Kriegsende stieg die Anzahl der Behandlungen und die Anstalt musste bereits 1919 erweitert werden.
In Dresden findet die „ I. Internationale Hygiene-Ausstellung“ statt.
Eröffnung des neu errichteten Stadtkrankenhauses Dresden - Johannstadt mit Bäderhaus für heilgymnastische und hydrotherapeutische Behandlungen - baulicher Ausgangspunkt für die Medizinische Akademie und heutiges Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Der deutsche Arzt J.H. Lubinus (1865 – 1937) eröffnete die erste private Schule für Heilgymnastik, Orthopädie und Massage sowie angegliedertem medico-mechanischem Zander-Institut mit einer einjährigen Ausbildung. Die Schwedische Gymnastik erlebte einen neuen Aufschwung in Deutschland und wurde auch an den Zander - Apparaten ausgeführt.
Der Orthopäde Albert Hoffmann veröffentliche die „Zeitschrift für Orthopädische Chirurgie einschließlich der Heilgymnastik und Massage“. Dies hatte die Trennung der Heilgymnastik von der Atem- und Bewegungstherapie zur Folge.
Der Dresdner Vorort Weißer Hirsch wurde zum klimatischen Luftkurort ernannt; 1888 eröffnete der Naturarzt Heinrich Lahmann (1860-1905) sein physiatrisches Sanatorium und leitete damit eine Glanzzeit des Weißen Hirsch als Kurort von Weltruf mit wissenschaftlichen Versuchen zur Wirksamkeit der Naturheilverfahren (Stoffwechselversuche) ein.
Der schwedische Arzt Gustav Zander (1835 – 1920) entwickelte spezielle Bewegungsapparate um aktive und passive Bewegungen gleichförmig sowie in genau definierter Wiederholung durchzuführen sowie mechanisch mit Massagetechniken einzuwirken. Sie dienten auch zur Skoliosetherapie. Die „Zander-Apparate“ hielten Einzug in die Heilgymnastik und gehörten zur Ausstattung von Krankenhäusern und Sanatorien. Weiterhin entstanden große mediko-mechanische Institute. Die Verschreibung von schematisierten Bewegungsabläufen und die Betreuung der Behandlung in den „Zandersälen“ oblag den Ärzten. Es ist das erste Mal, dass die Heilgymnastik für den Nobelpreis vorgeschlagen wurde.
Die seit den 1830er Jahren von medizinischen Laien entwickelte Naturheilkunde fand aufgrund der fortschreitenden Industrialisierung und der daraus resultierenden Entfremdung von der Natur in breiten Bevölkerungskreisen ausgehend von Dresden zunächst in Sachsen und folgend im deutschsprachigen Raum großen Zuspruch. In den Naturheilvereinen wurden Leibesübungen als gesunderhaltende und gesundheitsfördernde Maßnahmen gepflegt.
Der Leipziger Arzt Daniel Gottlob Moritz Schreber (1808 – 1861) entwickelte die „Ärztliche Zimmergymnastik“ als aktive Methode und bezog Stellung gegenüber der schwedischen Heilgymnastik. Sein Ziel war es, eine „deutsche Gymnastik“ zu etablieren, welche aus rein aktiven Bewegungen bestand.
Der Berliner Albert C. Neumann (1803-1876) führte als Erster die Bewegung als Heilmittel in Deutschland ein. Er errichtete 1850 in Berlin einen Kurssaal mit angegliederter Gymnastikschule für schwedische Heilgymnastik, allerdings ohne staatlichen Lehrauftrag. „Der heilgymnastische Gehilfe oder Gymnast steht zum heilgymnastischen Arzte oder Kinesitherapeuten wie der Apotheker zum medicamentösen Arzte. Der Gymnast soll die Bewegungen (die Arzenei), die der Kinesitherapeut verschreibt, für den Patienten bereiten, d. h. dieselben vorschriftsmäßig den Patienten durchüben lassen“ (Neumann 1852: 321). Zunächst wurden nur Männer und ab 1853 auch Frauen an der Gymnastikschule unterrichtet; ein erster Schritt in Richtung der beruflichen Emanzipation.
1834 wurde Lings Gymnastisches Institut zum Königlich Gymnastischen Central-Institut erweitert. Ling gilt bis heute als Begründer der Heilgymnastik in Schweden und sein Wirken beeinflusste die heilende Gymnastik in Deutschland stark.
Während bei Leipzig in der Völkerschlacht (16.-19.10.1813) der deutsche Befreiungskrieg gegen Napoleon und das Ende dessen nach ihm benannten Zeitalters besiegelt wurde, begann in Schweden ein neues Zeitalter in der Geschichte der Heilgymnastik ein. Per Henrik Ling gründete das erste gymnastische Institut in Stockholm, in dem erhielten Frauen und Männer in verschiedenen Gymnastiken, in theoretischen und medizinischen Fächern Unterricht. Die gelockerte schwedische Gymnastik stand im gewissen Gegensatz zum straffen deutschen Turnen. Es bestand aus je einer militärischen, medizinischen und pädagogischen Abteilung.
Ling bildete staatlich anerkannte Gymnastiklehrer und Gymnastikdirektoren aus. Sie schlossen ihre zweijährige Ausbildung mit der Approbation als Heilgymnast ab und fanden ihre Anstellung an Schulen der Armee und Marine Schwedens. Ling lehrte drei Formen der gymnastischen Bewegung - die aktiven, passiven und assistiven Bewegungen - sowie Massagetechniken auf Basis anatomischer und physiologischer Kenntnisse. Die Muskulatur des Menschen sollte durch aktives Üben wieder funktionsfähiger, gerader oder gekräftigt werden. Ziel war es die ideale Haltung bei einem normalen Spannungszustand der Muskulatur zu erlangen.
Der Reformer und Philanthroph Johann Friedrich Guthsmuts (1759-1839) entwickelte das erste Modell der pädagogischen Gymnastik an der Salzmann-Anstalt bei Gotha. Friedrich Ludwig Jahn (1778 – 1852) sowie die bekannten skandinavischen Leibeserzieher Franz Nachtegall (1777 – 1847) und Per Henrik Ling (1776 – 1839) wurden wesentlich von Guthsmuths Lehren beeinflusst.
Anfänge der Heilgymnastik: der französische Arzt Nicolas Andry de Bois-Regard (1658 – 1742), verfasste ein Lehrbuch über Skelettdeformitäten und deren Korrekturmöglichkeiten. Er definierte den Begriff „Orthopädie“ und gründete orthopädische Heilanstalten.