Lider
Funktion
Die Lider dienen in erster Linie der
- Erhaltung der Hornhautflüssigkeitsbilanz, der
- Verteilung und dem Abtransport der Tränenflüssigkeit
- Und dem Schutz des Augapfels.
Anatomie
Die Haut ist im Lidbereich nur ca. 1mm dick und am dünnsten im gesamten Körper. Sie besteht aus Haut, Muskelgewebe und der bindegewebigen Lidplatte, an der die Muskeln ansetzen, die für Lidöffnung und -schluss verantwortlich sind. Talgdrüsenausführungsgänge münden an der Lidkante.
Die Innenseite der Lider ist von Bindehaut bedeckt und dient als Gleitschicht gegenüber dem Augapfel. Am vorderen Lidkantenteil finden sich die Wimpern, von denen es am Oberlid ca. 150 und am Unterlid etwa 75 gibt
Untersuchung der Lider
Es werden Lidspaltenweite (normal: 7-10 mm), Lidstellung (normal: Oberlid ca. 1-2 mm über oberem Hornhautrand; Unterlid ca. 1 mm über unterem HH-Rand - s. o.), Tränenpünktchenstellung und Hautelastizität beurteilt. Hierbei finden sich bevorzugt im höheren Lebensalter überhängende Oberlidhaut (Dermatochalasis), "Tränensäcke" (Elastizitätsverlust des bindegewebigen Lidaufhängeapparates) und "Augenringe", bei denen venöse Gefäße durch den Elastizitätsverlust der Haut sichtbar werden. Lidödeme treten unter anderen bei Nierenerkrankungen auf. Eine senkrecht stehende Deckfalte an der nasalen Lidspalte zeigt sich häufig bei Säuglingen und wird als "Mongolenfalte" (Epikanthus) bezeichnet.
Epikanthus bei flachem Nasenrücken des Säuglings, ähnlich der Mongolenfalte. Fälschlich kann der Eindruck von Innenschielen entstehen (Pseudostrabismus).
Das Auswärtsdrehen der Lider (Ektropionieren) zur Fremdmaterialentfernung aus der lidinnenseitigen Bindehaut und der oberen und unteren Bindehautumschlagfalte (Fornix conjunctivae) gehört zu jeder Liduntersuchung.
Entzündung der Lider
Dem Gerstenkorn (Hordeolum) liegt ursächlich eine akute Staphylokokkeninfektion der Lidranddrüsen (häufig im Rahmen von Diabetes mellitus) zugrunde.
Typische Symptome sind hierbei starke Schmerzen, Schwellung und Rötung im Lidbereich. Therapeutisch werden Antibiotika und lokale Wärmeapplikation (Rotlicht) verordnet.
Das Hagelkorn (Chalazion) entsteht auf dem Boden einer chronischen Entzündung einer oder mehrerer Talg -Drüsen. Es zeigt sich ein schmerzloser lidkantennaher Tumor In der Regel muss dieser operativ entfernt werden.
Die Lidrandentzündung (Blepharitis) findet sich häufig und bevorzugt bei Patienten mit trockener (seborrhoischer) Haut. Hierbei kommt es zum Sekretstau in den Talg-Drüsen mit nachfolgender Staphylokokkeninfektion, die Staphylokokkentoxine produzieren. Gelbliche Pfröpfe und eine Rötung der Lidkante sind charakteristisch.
Die Therapie beinhaltet die manuelle Entleerung des gestauten Talgs (Lidrandhygiene) und die Gabe von antibiotischen Augentropfen.
Ein Lidekzem oder eine Kontaktdermatitis entstehen als Folge einer allergischen Reaktion (z.B. auf örtlich verabreichte Medikamente wie Atropin und Pilocarpin oder Hautdesinfektionsmittel).
Es finden sich Juckreiz, Rötung und Schwellung in Augenumgebungsregion. Therapeutisch werden antiallergische Augentropfen verabreicht; das auslösende Medikament muss abgesetzt werden.
Als Gesichtsrose (Zoster ophthalmicus) wird eine endogene Reinfektion mit bestimmten Viren (Varicella Zoster) bezeichnet, die den sensiblen Hautnerven der Augenumgebung befallen können (1. und / oder 2. Trigeminusast). Schmerzhafte Bläschen und Krusten im entsprechenden Hautbereich und bei Mitbeteiligung des Auges an der Nasenspitze (Hutchinson-Zeichen) treten auf.
Das Virostatikum Aciclovir (5x10mg/kgKG) wird örtlich und systemisch verabreicht.
Als Dellwarzen (Mollusca contagiosa) werden Virusinfektionen der Lidhaut bezeichnet, die häufig bei Kindern vorkommen.
Es zeigt sich ein schmerzloser weißlicher Knoten mit zentraler Delle, der "ausgekratzt" und danach desinfiziert wird (Jod)
Operationsbedürftige Liderkrankungen - Operatives Vorgehen
Nach dem Anzeichnen des zu operierenden Lidbereiches erfolgt die örtliche Betäubung wobei auch eine Allgemeinnarkose möglich ist. Die Hautschnittführung geschieht entlang der Hautspaltlinien zur bestmöglichen Wundheilung, der Vermeidung operativ bedingter Lidfehlstellungen und minimaler Narbenbildung
Häufigste Erkrankungen und Operations-Techniken
Unter den Liderkrankungen machen die Einwärts- bzw. Auswärtsdrehung der Unterlidkante (Entropium, Ektropium), das "offene Auge" (Lagophthalmus), das "hängende Oberlid" (Ptosis), die überschüssige Lidhaut (Dermatochalasis) und die durch Unfälle oder Tumoren verursachten Lidverletzungen und Liddefekte den größten Anteil aus
Einwärtsdrehung des Unterlides (Entropium)
Diese Erkrankung wird in erster Linie als Altersveränderung angesehen kann aber z.B. auch narbenbedingt auftreten.
Die Wimpern "schleifen" auf der Hornhaut und verursachen starke Schmerzen und Infektionsgefahr.
Die häufigste durchgeführte Operation ist horizontale Unterliddurchtrennung (Operation nach Wies). Hierbei wird die Auswärtskippung der Unterlidkante durch schräge Fadenführung beim adaptieren der Wundränder korrigiert
"Offenes Auge" (Lagophthalmus)
Die Häufigste Ursache für einen Lagophthalmus ist die Lähmung des Gesichtsnerven (Facialisparese), z. B. infolge Hirntumors. Es ist dann kein aktiver Lidschluss mehr möglich und es besteht die Gefahr der Hornhautaustrocknung und -infektion.
Häufigste Operationen zur Minderung dieser Problematik sind entweder die Vernähung (Tarsorrhaphie) von Ober- und Unterlid (teilweise oder vollständig; permanent oder zeitweilig) oder die Implantation von Goldgewichten in das Oberlid.
Hierbei wird die Lidspalte zum besseren Hornhautschutz horizontal oder vertikal verkleinert
"Hängendes Oberlid" (Ptosis)
Die Ptosis entsteht angeboren oder erworben (infolge Funktionsminderung von Muskeln und/oder Nerven der Lidheber Der "Ausblick" ist gestört, wenn die Ptosis bis in die optische Achse reicht.
In Abhängigkeit von der Lidheberfunktion werden entweder eine Faltung oder Teilentfernung (Verkürzung) des Lidhebermuskels (M. levator palpebrae) oder eine Lidaufhängung an der Stirn unter der Haut hindurch (Frontalissuspension) ausgeführt.
Beim ersten Eingriff führt die zu einer Verbesserung der Wirkung des Lidhebemuskels beim zweiten ist eine Hebung des Oberlides durch Stirnrunzeln möglich.
Überschüssige Lidhaut (Dermatochalasis)
Sie kommt Häufig im höheren Lebensalter aufgrund einer Erschlaffung Unterhautgewebes vor und kann so stark ausgeprägt sein, dass der "Ausblick" gestört ist, wenn Hautüberhang bis in optische Achse reicht.
Die überschüssige Lidhaut wird operativ entfernt (Blepharoplastik).
Lidverletzungen
Lidverletzungen kommen in der Regel im Rahmen von Unfällen (Verkehrsunfälle!) vor. Als Hauptproblem ist die gestörte Lidfunktion anzusehen. Häufig finden sich Fremdkörper in der Lidhaut (Glas). Die Wundversorgung sollte innerhalb von 72 Stunden erfolgen.
Hierbei erfolgt nach Wundreinigung, evtl. Fremdkörper-Entfernung und Abtragung toten Gewebes, der schichtweise Wundverschluss, und bei Substanzverlust die Defektdeckung durch Hautverschiebung. Eventuelle Lidfehlstellungen werden später korrigiert
Lidtumoren
Tumoren können gutartig (benigne) oder bösartig (maligne) sein und von den unterschiedlichen Lidstrukturen ausgehen. Die häufigsten sind jene, die von der Haut (Basaliom) den Hautanhangsgebilden (Adenom, Karzinom) oder dem Bindegewebe (Hämangiom) ausgehen.
In Abhängigkeit von der Lokalisation des Tumors kann die Lidfunktion gestört sein.
Lidtumoren werden entweder im Ganzen entnommen und der Defekt wieder vernäht (einzeitiges Vorgehen) oder bei ausgedehnten Befunden operativ entfernt, wobei der entstandene Liddefekt verbleibt, bis zum Nachweis das alle Tumoranteile entfernt wurden (zwei- oder mehrzeitiges Vorgehen). Nur bei extrem großen oder schwer zugänglichen Lidtumoren erfolgt zu Beginn die alleinige Probeentnahme aus dem Tumor zur Diagnosesicherung (Biopsie). In seltenen Fällen oder bei sehr betagten Patienten wird eine Kältebehandlung (Kryo) oder Bestrahlung (Radiato) des Tumors -allein oder in Kombination mit einem vorgenannten chirurgischen Verfahren -durchgeführt, mit dem Ziel, die Tumorzellen zu zerstören.
Bei großen Liddefekten nach einer Operation erfolgt die Defektdeckung entweder durch direkte Adaptation der Wundränder (bis 8 mm Liddefekt) oder durch den Ersatz des vorderen und hinteren Lidanteils durch Transplantation von Gewebe (freies Transplantat) oder durch Hautgewinnung aus der Umgebungsregion des Defektes (Hautverschiebelappen).
Der häufigste bösartige Lidtumor des Erwachsenen ist das Basaliom, welches jedoch keine Tochtergeschwülste (Metastasen) aussäht.
Möglichkeiten der Liddefektdeckung nach Tumorentfernung bzw. Verletzung
1. Deckung mit Gewebe vom anderen gesunden Lid
2. Deckung mit Hautverschiebelappen aus Defektumgebung
a) bei am äußeren Lidrand gelegenen Defekten
b) bei am inneren Lidrand gelegenen Defekten durch Hautschwenklappen aus
b1) Nasen-Wangen-Bereich
b2) Stirnbereich
3. Deckung mit "Brückenlappen" vom gesunden Lid desselben Auges
Von den bösartigen Lidtumoren ist das Basaliom am häufigsten. Es metastasiert nicht, wächst aber destruktiv in die Tiefe und muss frühzeitig im Gesunden exzidiert werden.
Ein Talgdrüsenkarzinom ist selten, metastasiert aber