Bluthochdruckerkrankungen
Präeklampsie? Gestose? Schwangerschaftsvergiftung?
Die Begriffe für Ihre Erkrankung sind teils verwirrend, teils veraltet. Wir möchten Ihnen hier ein paar Erläuterungen an die Hand geben und erklären, wie wir Sie mit diesem Krankheitsbild betreuen.
Im Formenkreis der hypertensiven Schwangerschaftserkrankungen wurde die Präeklampsie früher mit „Gestose“ oder umgangssprachlich mit „Schwangerschaftsvergiftung“ bezeichnet. Es handelt sich um eine der Erkrankungen mit Erhöhung des Blutdrucks, die in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft auftreten können. Die Präeklampsie endet, wenn die Schwangerschaft endet – also mit der Entbindung (bzw. bis zu 12 Wochen danach).
Etwa 5-8 % aller Schwangerschaften sind von solchen Problemen betroffen. Charakterisiert sind diese Erkrankungen durch eine Durchblutungsstörung der Plazenta, d. h. eine verminderte Funktion des Mutterkuchens. Diese kann auf kindlicher Seite mit eingeschränktem Wachstum (fetale Wachstumsretardierung) verbunden sein.
Wie erfolgt die Diagnose?
Typischerweise äußert sich die Präeklampsie durch eine Blutdruckerhöhung und vermehrte Eiweißausscheidung im Urin – dies wird durch Ihren Frauenarzt bei jeder Routine-Vorsorgeuntersuchung regelmäßig überprüft. Seltene Symptome sind jedoch auch Leber- und Nierenfunktionsstörungen oder sogar Krampfanfälle.
Es werden verschiedene Formen der Bluthochdruckerkrankungen in der Schwangerschaft unterschieden:
SIH – schwangerschaftsinduzierte Hypertonie
RR > 140/90 mmHg
Dies ist ein Bluthochdruck, der in der Schwangerschaft entsteht. Nicht zu verwechseln mit einem bereits vorbestehenden Bluthochdruck, von dem die Schwangere erstmals in der Schwangerschaft erfährt. Unterscheiden kann dies Ihr Frauenarzt daran, wann zum ersten Mal erhöhte Blutdruckwerte gemessen werden - bereits im ersten Trimester (= vorbestehender Bluthochdruck) oder danach (schwangerschaftsinduzierte Hypertonie).1
Weißkittelhypertonie – hiermit werden durch die Aufregung beim Arzt erzeugte hohe Blutdruckwerte bezeichnet, zu Hause sind die Werte stets normal. Wenn Sie zu Hause richtig messen (mehrmals täglich, in Ruhe, im Sitzen, mit einer an Ihren Armumfang angepassten Oberarmmanschette) und dies mit einem Protokoll nachweisen können, so kann es bei einer engmaschigen häuslichen Blutdruckkontrolle verbleiben. Ganz auf die Blutdruckmessungen verzichten sollten Sie nicht, denn bis zu 40% der Schwangeren mit einer sogenannten „white coat hypertension“ in der Frühschwangerschaft können eine manifeste Schwangerschaftshypertonie und in 8 % eine Präeklampsie im weiteren Verlauf der Schwangerschaft entwickeln.2
Präeklampsie
RR > 140/90 mmHg und Proteinurie > 300 mg/24h
Die Präeklampsie ist durch die Kombination von Bluthochdruck und einer erhöhten Eiweißausscheidung über die Nieren im Urin (Proteinurie) gekennzeichnet. Oft sind auch vermehrte Wassereinlagerungen (Ödeme) und eine erhöhte Gewichtszunahme zu verzeichnen, diese können aber auch fehlen.
Als Propfpräeklampsie bezeichnet man die Entwicklung einer Präeklampsie bei bereits vor der Schwangerschaft bestehendem Bluthochdruck.
Eklampsie
Die Eklampsie oder der eklamptische Anfall stellt eine schwerwiegende Komplikation der Präeklampsie dar. Hierbei handelt es sich um einen Epilepsie-ähnlichen Krampfanfall, der lebensgefährlich für Mutter und Kind werden kann.
HELLP-Syndrom
Ebenfalls eine schwerwiegende Komplikation der Präeklampsie ist das sogenannte HELLP-Syndrom. Die Abkürzung steht hierbei für krankhafte Veränderungen der Laborwerte, anhand derer die Diagnose gestellt wird (Abfall der Blutplättchen, Anstieg der Leberwerte und Anstieg der Zerfallsprodukte der roten Blutkörperchen = Hämolyse). Hiermit einhergehen können Übelkeit und ein rechtsseitiger Oberbauchschmerz, diese Zeichen können aber auch fehlen.
Warnzeichen
Warnzeichen einer Präeklampsie sind neben der auffälligen Blutdruckerhöhung: starke Kopfschmerzen, Sehstörungen wie z.B. Augenflimmern und rechtsseitige Oberbauchschmerzen. Auch Gesichtsödeme oder eine starke Gewichtszunahme in der Schwangerschaft sollten Anlass geben, Ihren Frauenarzt aufzusuchen.
Was ist zu tun?
Bei einem Verdacht auf eine Präeklampsie wird Ihnen Ihr Frauenarzt – je nach Dringlichkeit – einen Überweisungsschein in unsere ISB-Sprechstunde oder sogar einen Einweisungsschein in die Klinik ausstellen.
Im Zentrum der Behandlung stehen eine regelmäßige (auch häusliche) Blutdruckkontrolle sowie körperliche Schonung und Stressvermeidung. Um die Sicherheit für Mutter und Kind zu gewährleisten, findet eine engmaschige ärztliche Betreuung in Zusammenarbeit mit Ihrer/Ihrem Frauenarzt*in statt. Ggf. kann dies auch mit einem Aufenthalt in unserer Klinik verbunden sein. Der erhöhte Blutdruck wird mit schwangerschaftsverträglichen Medikamenten gesenkt.3
Da die Heilung der Präeklampsie nur mit der Beendigung der Schwangerschaft zu erreichen ist, wird häufig eine Geburtseinleitung ggf. schon vor dem errechneten Entbindungstermin notwendig. Bei Notsituationen kann dies sogar bis hin zu akuten Kaiserschnittentbindungen in der Frühgeburtlichkeit führen – um das Leben der Mutter zu retten bzw. schwerwiegende Langzeitfolgen zu verhindern.
Langzeitfolgen
Bluthochdruck schädigt die Gefäße – genau wie in jedem nicht schwangeren Menschen. Nach der Schwangerschaft bleibt eine erhöhtes Risiko für eine erneute Präeklampsie in den folgenden Schwangerschaften (Wiederholungsrisiko im Mittel 14-18%)4 sowie für die Entwicklung eines chronischen Bluthochdrucks. Frauen, die an einer Präeklampsie erkrankt sind, erleiden zudem im späteren Leben häufiger Herzinfarkte und Schlaganfälle. Eine Präeklampsie kann die Nieren der Mutter schädigen. Dies kann zu langfristigen Einschränkungen der Nierenfunktion führen, die sogar mit einer Dialysepflichtigkeit (Blutwäsche) einhergehen können.5 Auch die Leber kann Schäden davontragen, insbesondere bei einem HELLP-Syndrom.
Um mögliche Folgen der Erkrankung rechtzeitig zu erkennen, sollte der Blutdruck durch den Hausarzt regelmäßig kontrolliert werden. Innerhalb von 3 - 6 Monaten nach der Geburt sollte die Nierenfunktion überprüft werden. Darüber hinaus empfehlen wir mindestens alle 5 Jahre andere kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Blutzucker, Gewicht und Body-Mass-Index sowie Lipidstatus zu prüfen.
Die gute Nachricht... Screening und Prophylaxe
Bereits im ersten Schwangerschaftsdrittel (11+0 bis 13+6 Schwangerschaftswochen) kann in unserer Ultraschallsprechstunde eine Risikoberechnung für Ihr individuelles Risiko für die Entwicklung einer Präeklampsie erfolgen. Dies erfolgt an Hand Ihrer Vorgeschichte (Anamnese), der Messung des Blutdrucks, der Abnahme von bestimmten Blutwerten (Serum-Biomarkern) und einer Durchblutungsmessung der Gebärmutter mittels Ultraschall. Wird hier ein erhöhtes Risiko berechnet, kann eine prophylaktische Einnahme von ASS (150 mg Acetylsalicylsäure pro Tag, Beginn vor der 16. Schwangerschaftswoche) Ihr Risiko für eine frühe Präeklampsie effektiv senken.
Terminvereinbarung bitte ab der 10. SSW. Bitte nutzen Sie unser Anmeldeformular oder Termine nach telefonischer Vereinbarung unter
0351 458-13215
Hier finden Sie weitere Informationen zum Präeklampsiescreening/Ultraschallsprechstunde.
Weitere Fragen zur Präeklampsie und Ihrer individuellen Situation beantworten wir gerne in unserer Intensivschwangerenberatung. Notieren Sie sich Ihre Fragen gerne vorab, damit während des Termins auch nichts vergessen geht.