Polymerase-Proofreading-assoziierte Polyposis (PPAP)
Die Polymerase Proofreading-assoziierte Polyposeis (PPAP) ist gekennzeichnet durch eine milde adenomatöse Polypose (<100 Polypen) des Dickdarms und teilweise des Zwölffingerdarms (Duodenum) meist ab der 3. oder 4. Lebensdekade, allerdings sind einzelne Darmkrebsfälle im Jugendalter dokumentiert und bei ca. 25% der Betroffenen kommt es zu keiner nennenswerten Polypenbildung vor Auftreten eines kolorektalen Karzinoms. Die PPAP ist sehr selten und vermutlich für <1% aller Darmkrebs- und Polyposisfälle verantwortlich. Die genaue Häufigkeit in der Allgemeinbevölkerung ist nicht bekannt. Das Lebenszeitrisiko für Dickdarmkrebs wird unbehandelt auf 50-90% geschätzt. Weiterhin treten Zwölffingerdarm-, Gebärmutterschleimhaut- und Eierstockkrebs sowie möglicherweise bösartige Hirntumore gehäuft auf. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit einer engmaschigen Früherkennung.
VERERBUNG
Die PPAP wird durch heterozygote (auf der mütterlichen oder der väterlichen Genkopie vorliegende) krankheitsverursachende Veränderungen in den Genen POLD1 oder POLE verursacht, die für die Proteine DNA-Polymerase δ und ε kodieren. Diese Proteine sind für die höchstzuverlässige DNA-Synthese in jeder Zelle verantwortlich und eine Mutation, die die Korrekturleseaktivität ("Proofreading") dieser Proteine beeinträchtigt, kann zu einer Instabilität des Genoms und damit zu einem erhöhten Krebsrisiko führen.
Die Veränderung wird in der Regel von einem Elternteil geerbt. Durch den Genverlust kommt es zur Anhäufung dieser Fehler und in der Folge zu einer beschleunigten Krebsentstehung. Die PPAP wird autosomal-dominant vererbt, dies bedeutet, dass Mutationsträger*innen die krankheitsverursachende Veränderung geschlechtsunabhängig mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% an alle Nachkommen weitergeben. In der Regel sind mit gleicher Wahrscheinlichkeit auch alle weiteren erstgradige Angehörigen (Geschwister, Eltern) von der Mutation betroffen. Weil nicht jede*r Mutationsträger*in auch erkrankt, spricht man von inkompletter Penetranz. Aber auch gesunde Mutationsträger*innen können die Genveränderung an Nachkommen weitergeben. Für alle blutsverwandten Angehörigen (Risikopersonen) besteht die Möglichkeit einer prädiktiven (vorhersagenden) Testung ab dem 14. Lebensjahr, bei der die Veränderung entweder nachgewiesen oder ausgeschlossen wird.
FRÜHERKENNUNG
Allen Mutationsträger*innen werden derzeit die folgenden Früherkennungsmaßnahmen empfohlen, welche sich aufgrund der begrenzten Datenlage an den Empfehlungen anderer Tumorprädispositionssyndrome mit vergleichbarem Tumorspektrum orientieren:
- Dickdarmkrebs: Darmspiegelung (Koloskopie) ab dem 14. Lj. Alle 1-2 Jahre
- Zwölffingerdarmkrebs: Magenspiegelung (Ösophagogastroduodenoskopie) ab dem 25-30. Lebensjahr 1- bis 3-jährlich je nach Polypenlast entsprechend SPIGELMAN-Klassifikation
- Gebärmutterschleimhaut- und Eierstockkrebs (Frauen): transvaginale Sonographie und Gebärmutterschleimhautbiopsie mittels Pipelle ab dem 30-35. Lj. jährlich (optional). Darüber hinaus kann die Möglichkeit der risikoreduzierenden Entfernung von Gebärmutter und Eierstöcken nach abgeschlossener Familienplanung diskutiert werden.