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Weitere familiäre Tumorsyndrome

Weitere seltene - überwiegend bösartige - genetische Tumorrisikosyndrome (GENetic TUmor RIsk Syndromes - GENTURIS) sind:

MULTIPLE ENDOKRINE NEOPLASIEN

Innerhalb der multiplen endokrinen Neoplasten unterscheidet man drei verschiedene Syndrome: MEN I (Werner-Syndrom)MEN IIa (Sipple-Syndrom) und MEN IIb-Syndrom.

Es besteht ein hohes Risiko für das Auftreten von Hypophysenadenomen, Pankreastumoren und für einen primären Hyperparathyreoidismus (MEN I). Das MEN IIa-Syndrom ist wiederum durch das Auftreten medullärer Schilddrüsenkarzinome gekennzeichnet. Bei Vorliegen eines MEN IIb-Syndroms treten ebenfalls medulläre Schilddrüsenkarzinome und Phäochromozytome auf, zudem werden neurokutane Veränderungen beobachtet.

Tritt bei einem Patienten ein medulläres Schilddrüsenkarzinom auf oder kommen in einer Familie mehrere Tumore aus dem Erkrankungsspektrum der MEN-Syndrome vor, so ist eine genetische Untersuchung sinnvoll. Bei Nachweis eines MEN-Syndroms können auch gesunde Angehörige prädiktiv auf die Veränderung getestet werden. Für Anlageträger ist eine engmaschige Vor- und Nachsorge unerlässlich.

 

Weiterführende Informationen

Multiple Endocrine Neoplasia Type 1. Giusti F., Marini F., Brandi ML. GeneReviews.

 Multiple Endocrine Neoplasia Type 2. Eng C. GeneReviews.

RETINOBLASTOM

Retinoblastome sind bösartige Tumore der Netzhaut, die in der Regel bei Kindern auftreten und in bis zu 40% der Fälle einen genetischen Hintergrund aufweisen. Eine Mutation im RB-Gen führt zu einem hohen Erkrankungsrisiko und häufig zum Auftreten von beidseitigen Tumoren. Auch für gesunde Angehörige, insbesondere Geschwisterkinder von Betroffenen, kann eine genetische Diagnostik wichtig sein, um ggf. eine Vorsorge zu veranlassen. Weiterhin haben Anlageträger ein erhöhtes Risiko für sekundäre Karzinome wie Sarkome und Melanome.

 

Weiterführende Informationen

RetinoblastomaLohmann DR,  Gallie BL. GeneReviews.

CHROMOSOMENBRUCHSYNDROME

Chromosomenbruchsyndrome wie beispielsweise die  Fanconi-Anämie, das Nijmegen-Breakage-Syndrom, die Ataxia teleangiectasia, das Bloom Syndrom, das Rothmund-Thompson-Syndrom und Xeroderma pigmentosum sind sehr selten und führen bereits im Kleinkindalter zu Kleinwuchs, einer Mikrozephalie (kleiner Kopfumfang) und einer erhöhten Anfälligkeit für Tumore. Allen Syndromen haben eine Instabilität der Chromosomen gemeinsam, die zu chromosomalen Brüchen und Rearrangements führt.

Die Chromosomenbruchsyndrome werden autosomal-rezessiv vererbt. Die gesunden Eltern sind somit Anlageträger und tragen jeweils veränderte und eine unveränderte Genkopie, erkrankte Personen tragen zwei veränderte Genkopien. Das Risiko für Geschwisterkinder, ebenfalls zu erkranken, beträgt 25%; das Risiko für gesunde Geschwister Anlageträger für die Erkrankung zu sein, liegt bei 67%.

Für betroffene Paare besteht die Möglichkeit einer vorgeburtlichen (pränatalen) Testung, auch im Rahmen einer neuen Schwangerschaft.

Weiterführende Informationen

Fanconi Anemia. Mehta PA, Ebens C. GeneReviews

Nijmegen-Breakage-Syndrom. Varon R, Demuth I, Chrzanowska KH. GeneReviews

Ataxia teleangiectasia. Gatti R, Perlman S. GeneReviews

Bloom Syndrom. Flanagan M, Cunniff CM. GeneReviews

Xeroderma pigmentosum. Kraemer KH, DiGiovanna JJ. GeneReviews

BIRT-HOGG-DUBE-SYNDROM

Das Birt-Hogg-Dubé-Syndrom (BHDS) ist eine seltene genetische Störung (1/100.000 Individuen), die das Risiko für das Auftreten mehrerer gutartiger (nicht krebsartiger) und bösartiger (krebsartiger) Tumore bei jungen Erwachsenen und Erwachsenen mit unterschiedlichen Erscheinungsformen und Schweregraden erhöht. Betroffene Personen können entwickeln:

  • Gutartige Hauttumore: vor allem im Gesicht, am Hals und im oberen Brustbereich, die im Alter von 20-30 Jahren auftreten und mit der Zeit größer und zahlreicher werden.
  • Pulmonale Manifestationen: 89 % der Betroffenen haben bilaterale und multiple Zysten in der Lunge, und 25 % entwickeln einen oder mehrere Pneumothoraces (abnorme Luftansammlungen in der Brusthöhle, die zum Kollaps einer Lunge führen können).
  • Gutartige und bösartige (krebsartige) Nierentumore: Das Risiko, an Nierentumoren zu erkranken, ist bei den Betroffenen um das Siebenfache erhöht. Typischerweise sind diese Tumore beidseitig, multifokal, im Allgemeinen langsam wachsend und treten im Alter von 40-50 Jahren auf.

BHDS wird anhand klinischer Symptome und Mutationen in einer der beiden Kopien des FLCN-Gens (auch als BHD-Gen bekannt) diagnostiziert. Einige Personen (7-9 %) erfüllen zwar die klinischen Kriterien, weisen aber keine identifizierbare FLCN-Mutation auf.

Weiterführende Informationen

Birt-Hogg-Dubé-Syndrom. Sattler EC,  Steinlein OK. GeneReviews  

RHABDOID-TUMOR-PRÄDISPOSITIONSSYNDROM-2 (RTPS)

Das Rhabdoid-Tumor-Prädispositionssyndrom-2 ist eine autosomal-dominant vererbte Krebserkrankung, die bereits bei Kleinkindern zu hoch-aggressiven Hirntumoren (sog. atypische teratoide/rhabdoide Tumore (AT/RT)) sowie zu bösartigen Tumoren anderer Gewebe, meist der Niere, (sog. maligne rhabdoide Tumore (MRT)) führen kann. Die meisten AT/RT und MRT treten bis zum dritten Lebensjahr auf, allerdings ist auch ein späteres Auftreten möglich. 

Die Erkrankung beruht auf Veränderungen des Erbguts in einem der zwei Gene SMARCB1 oder SMARCA4. Durch diese Mutationen kommt es dazu, dass die DNA, die unsere Erbinformation trägt, in den Körperzellen nicht mehr korrekt „übersetzt“ und repariert werden kann. Als Folge davon kommt es zur Entstehung von Fehlbildungen, Tumoren und anderen Erkrankungen.

Etwa 35% der Patienten mit Rhabdoid-Tumoren haben die zugrundeliegende genetische Veränderung in einem der o.g. Gene von ihren Eltern geerbt. Aufgrund der autosomal-dominanten Vererbung ist es ratsam, alle blutsverwandten Familienmitglieder eines Betroffenen hinsichtlich dieser genetischen Veränderungen zu untersuchen.

Bei weiblichen Patientinnen mit einer Mutation im SMARCA4-Gen kann es daneben im Jugendlichen- oder Erwachsenenalter zum Auftreten von Eierstockkrebs (kleinzelliges Ovarialkarzinom vom hyperkalzämischen Typ) kommen.

Des Weiteren kann es im Rahmen eines RTPS zur Entstehung weiterer Erkrankungen kommen, die im Folgenden aufgelistet sind:

  • Schwannomatose bei Mutation in SMARCB1
  • Plexuskarzinom (bösartiger Hirntumor) bei Mutation in SMARCB1
  • Medulloblastom (bösartiger Tumor des Kleinhirns) bei Mutation in SMARCB1
  • Multiple Meningiome (meist gutartige Tumore) bei Mutation in SMARCB1
  • Nicolaides-Baraitser-Syndrom bei Mutation in SMARCB1
  • Coffin-Siris-Syndrom bei Mutation in SMARCB1SMARCA4
  • Maligner peripherer Nervenscheidentumor bei Mutation in SMARCB1
Nicht selten entwickeln die Betroffenen mehrere der o.g. Tumore parallel.

Die Maßnahmen zur Früherkennung richten sich nach der Genmutation, d.h. es ist zu unterscheiden, ob die genetische Veränderung in SMARCB1 oder SMARCA4 vorliegt. 

Träger*in einer SMARCB1-Mutation

  • MRT des Kopfes alle 3 Monate vom frühen Säuglingsalter bis 5 Jahre
  • Ultraschall von Bauch und Nieren alle 3 Monate vom frühen Säuglingsalter bis 5 Jahre

Träger*in einer SMARCA4-Mutation

  • Ultraschall vom Bauch alle 6 Monate bei jüngeren Frauen
  • Prophylaktische Entfernung der Eierstöcke bei älteren Frauen
 

Weiterführende Informationen

Rhabdoid Tumor Predisposition Syndrome. Nemes KBens SBourdeaut FHasselblatt MKool MJohann PKordes USchneppenheim RSiebert R,  Frühwald MC. GeneReviews.