Zentrum für Klinische Genommedizin am UniversitätsCentrum für Seltene Erkrankungen
Anders als ihr Name vermuten lässt, kommen seltene Erkrankungen in der Summe häufig vor. Es gibt über 8.000 seltene Erkrankungen und allein in Deutschland sind mehrere Millionen Patient*innen betroffen.
Der größte Anteil seltener Erkrankungen ist monogen bedingt (>80 %). In diesen Fällen kann die Diagnose im günstigsten Fall - bei einem klinischen Verdacht auf das Vorliegen einer spezifischen Erkrankung - durch eine gezielte genetische Untersuchung gestellt werden. In Deutschland besteht durch niedergelassene Humangenetiker*innen, universitäre humangenetische Institute und Zentren für Seltene Erkrankungen und Klinische Genommedizin bereits eine differenzierte und gut funktionierende Struktur für die Durchführung dieser in der Routineversorgung etablierten Diagnostik. Bei vielen Patient*innen gelingt aber keine Diagnosestellung, weil es sich a) entweder um extrem seltene, nur in wenigen Fällen weltweit beschriebene Erkrankungen handelt, b) die Ausprägung der genetischen Erkrankung untypisch oder variabel ist oder weil c) eine Analyse von Genpanels die Ursache nicht aufdecken. Eine Diagnosestellung ist aber maßgebend für die weiterführende Versorgung und Betreuung der Patienten und ihrer Familienmitglieder, u. a. für Entscheidungen über therapeutische Maßnahmen oder die Durchführung diagnostischer Maßnahmen sowie die weitere Familienplanung.
Ziel des Projektes ist es, die medizinische Versorgung von Patient*innen mit seltenen Erkrankungen auf Grundlage der Erkenntnisse des nationalen Innovationsfondsprojektes TRANSLATE-NAMSE weiterführend auf der Basis des Selektivvertrages nach §140a SGB V zu verbessern. Bei Patient*innen mit Verdacht auf eine seltene Erkrankung, bei denen mit den vorhandenen Strukturen der Regelversorgung keine Diagnose gestellt werden konnte, soll dies durch einen interdisziplinären Ansatz ermöglicht werden, damit patientenrelevante Konsequenzen möglich werden und die Patient*innen einer bestmöglichen Behandlung und Betreuung zugeleitet werden können.
Durch interdisziplinäre und wenn notwendig auch multizentrische Fallkonferenzen soll eine gemeinsame Fallbetrachtung ermöglicht werden, die durch die Bündelung der Kompetenzen häufig schon zur Diagnosestellung führen kann. Wenn das Expertenpanel keine Diagnose stellen und auch keinen konkreten Verdacht einer Diagnose benennen kann, soll durch eine Sequenzierung aller kodierender DNA-Sequenzen nach der Ursache für die bestehenden klinisch relevanten Veränderungen gesucht werden. In 25 bis 50 % der Fälle von Patient*innen mit bisher unklarer Diagnose kann auf diese Weise eine eindeutige Diagnose gestellt werden. Da in der großflächigen Sequenzierung umfangreiche Sequenzdaten mit vielen individuellen Sequenzvarianten generiert werden, spielt bei der Auswertung die inhaltliche Bewertung der Varianten eine entscheidende Rolle, vor allem die Unterscheidung zwischen klinisch relevanten Varianten, Varianten mit unklarer Signifikanz und nicht relevanten Varianten. Die Unterscheidung der Varianten erfordert eine aufwändige Literaturrecherche, einen Abgleich mit verschiedenen Datenbanken und eine gemeinsame Bewertung durch Fachärzt*innen für Humangenetik und weiteren klinischen Expert*innen.
Maßnahmen zur Zielerreichung:
- Aufklärung, Beratung und Patienteninformation über die geplante besondere Versorgung, bei Erfordernis über die genetische Analyse, die Speicherung und das Zugriffsrecht auf die genetischen Daten und den Umgang mit Zusatzbefunden. Einholung der Einwilligung der Patient*innen.
- Interdisziplinäre, multizentrische Fallkonferenzen zur Beurteilung der Fälle und möglichen Diagnosestellung.
- Indikationsstellung zur Genomweiten Diagnostik in interdisziplinären Fallkonferenzen mit Beteiligung von Fachärzt*innen für Humangenetik.
- Genomweiten Diagnostik in hochspezialisierten „Zentren für Seltene Erkrankungen und Klinische Genommedizin“.
- Auswertung und Befundung der Sequenzvarianten unter Berücksichtigung aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse.
- Klinische Bewertung der Analyseergebnisse und Bewertung unklarer Varianten in interdisziplinären Fallkonferenzen.
- Erfassung der Genotyp- und Phänotypdaten in einer Datenbank am jeweiligen Zentrum mit der Möglichkeit der gemeinsamen Auswertung pseudonymisierter Daten durch die teilnehmenden Zentren.
IHRE ANSPRECHPARTNERINNEN:
Evelin Schröck
Prof. Dr. med., Fachärztin für Humangenetik
Direktorin Institut für Klinische Genetik
Co-Direktorin Core Unit für Molekulare Tumordiagnostik (CMTD)
am NCT/UCC Partnerstandort Dresden
0351 458-15136
E-Mail
Sarah Wölffling (Elternzeit)
Dr. rer. nat., QMB, Organisation Genetische Diagnostik
Haus 137, Etage 1
0351 458-15138
E-Mail