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Geschichte der Kinderklinik

Die heutige Kinderklinik der Technischen Universität Dresden hat ihre Wurzeln in zwei stationären Einrichtungen des alten Dresdens, in der Kinderheilanstalt, 1878 durch den Dresdner Pädiater Richard Clemens Förster in der damaligen Chemnitzer Straße errichtet (Kapazität 66 Betten, Patientenzahl pro Jahr etwa 1000) und in dem durch Arthur Schloßmann 1898 in der Arnoldstraße 1 gegründeten Säuglingsheim (Kapazität anfangs 5 bis 10, später 47 Säuglingsbetten). Das Schloßmannsche Säuglingsheim hatte seinen Standort im Stadtteil Dresden-Johannstadt in unmittelbarer Nähe der jetzigen Kinderklinik und gilt als der eigentliche Vorläufer der heutigen Universitätskinderklinik. Sachsen hatte damals mit 28 % die höchste Säuglingssterblichkeit in Europa. Es war zur damaligen Zeit üblich, Säuglinge von einer Klinikbehandlung auszuschließen, weil deren Kliniksterblichkeit extrem hoch war.

Diesen Widerspruch begriff Schloßmann als Herausforderung. Sein Säuglingsheim in Dresden-Johannstadt stellte die erste Klinik der Welt zur ausschließlichen Betreuung erkrankter Säuglinge dar. Es gelang Schloßmann, die Säuglingssterblichkeit dieser Klinik in wenigen Jahren von 42,1 % auf 22,9 % zu senken. Diese Pionierleistung in der damaligen Pädiatrie erreichte er, indem er drei Postulate realisierte: Schloßmann

  1. Die Ernährung mit Frauenmilch: Zu diesem Zweck war ständig eine Zahl von Ammen im Säuglingsheim angestellt, deren Gesundheit und Milchqualität sorgfältig überwacht wurde.
  2. Asepsis in der Säuglingspflege - entsprechend heute noch gültigen Regeln. Konsequent legte er fest: "Das gründliche Waschen vor und nach der Berührung eines jeden Kindes ist eines der Grundgesetze des Hauses, dessen Nichtbeachtung die unabwendbare Entlassung zur Folge hat."
  3. Die systematische theoretische und praktische Ausbildung von "Säuglingspflegerinnen": Die Ausbildung folgte Schloßmanns (in 17 Paragraphen formulierten) Standards und schloß mit einer theoretischen und praktischen Prüfung ab. Diese Standards Schloßmanns bildeten die Grundlage für die späteren Staatlichen Ausbildungs- und Prüfungsvorschriften von Säuglings- und Kinderkrankenschwestern im ganzen damaligen Deutschland. Seine guten Erfolge in der Krankenhausbehandlung von Säuglingen ermutigten Schloßmann. Außerdem überstieg der Bedarf an Säuglingsbetten die vorhandene Kapazität bei weitem - Dresden hatte sich zur Jahrhundertwende zur sechstgrößten Stadt Deutschlands entwickelt. So trieb Schloßmann die Pläne für den Neubau einer größeren Säuglingsklinik voran. Er beantragte 1901 bei der Stadtverwaltung den Bau einer solchen Klinik am Standort Pfotenhauer-/Ecke Fürstenstraße (heute Fetscherstraße). Der gewählte Platz gewährleistete den unmittelbaren Kontakt zur gegenüberliegenden Königlichen Frauenklinik (am Ort der heutigen Orthopädischen Klinik) und war dem eben (1898-1901) gegründeten Stadtkrankenhaus Johannstadt (dem heutigen Universitätsklinikum Carl Gustav Carus) unmittelbar benachbart. Das weitsichtige Projekt sah 2 Gebäude vor, nämlich das Säuglingsheim mit 42 Betten und - im rechten Winkel dazu - die dazugehörige Kinderpoliklinik.

Der Plan wurde von der Stadt verworfen. Schloßmann mußte sich mit dem Mietshaus Wormser Straße 4 begnügen, das weniger geeignet und von der Königlichen Frauenklinik weit entfernt lag. Vier Jahre nach dieser Ablehnung durch die Stadt erhielt Schloßmann einen Ruf nach Düsseldorf. Es ist nachfühlbar, daß er diesem auch deshalb folgte, weil er sich dort eine stärkere Unterstützung seiner Pläne und einen größeren Wirkungskreis erhoffen konnte.

Das Wohnhaus Wormser Straße 4 funktionierte Schloßmann, so gut es möglich war, zum "Städtischen Säuglingsheim" mit der "Kinderpoliklinik in der Johannstadt" um. Das Haus besaß 4 Stockwerke. Im Sockelgeschoß richtete er u.a. die Milchküche, die Anatomie und den Tierstall ein, im Parterre die Poliklinik und drei Laboratorien, im 1. Stock die Aufnahme, die Verwaltung, Ärzte- und Schwesternzimmer und im 2. Stock Krankenzimmer für 50 Säuglingsbettchen und Couveusen sowie die Ammenräume. Besonderes Augenmerk richtete Schloßmann auf die qualifizierte Ausstattung der Laboratorien mit insgesamt 8 Arbeitsplätzen. "Ich lege auf dieses Factum großen Wert; denn ich glaube, daß ein Teil der Lebensberechtigung von Anstalten wie die unsrige darin wurzelt, daß jüngeren Collegen die Möglichkeit geboten wird, die Physiologie, Pathologie und Hygiene des Säuglingsalters nicht nur praktisch, sondern auch vom theoretischen Standpunkte aus zu lernen."

Erst 25 Jahre später wurden Schloßmanns Baupläne in veränderter Form Wirklichkeit. Der fortgeschrittenen Entwicklung und den gewachsenen Ansprüchen angepaßt entstand 1927-1930 unter Leitung von Stadtbaurat Wolf und einem Nachfolger Schloßmanns, Prof. Hans Bahrdt, ein moderner Kinderklinik-Komplex des Stadtkrankenhauses Dresden-Johannstadt. Das Ensemble bestand aus 3 Gebäuden, die U-förmig das sog. Birkenwäldchen umschlossen. 

1930

      • Im Westflügel befand sich das Zentralgebäude der Klinik - heute Chirurgische Klinik - mit Kinderpoliklinik, Mütterberatungsstelle, Hörsaal, Kursräumen, Bibliothek, Ärzte- und Schwesternwohnungen.
      • Im nördlich gelegenen Mittelbau war das Bettenhaus für 200 kleine Patienten untergebracht, das ist die heutige Universitätskinderklinik.
      • Im Ostflügel entstand die zugehörige Krankenpflegerinnenschule - heute Kliniken für Psychiatrie und für Kinder- und Jugendpsychiatrie -.

Der Bau dieses großzügigen Gebäude-Ensembles erforderte 7,6 Millionen Mark, eine für die damalige Zeit respektvolle Summe, und stellte nach der Errichtung des 1910 eingeweihten Rathauses das größte geschlossene Bauvorhaben der Stadt Dresden dar.

Das "Zentralgebäude" der Kinderklinik und das Bettenhaus wurden am 13.02.1945 im Angriff auf Dresden durch Bombenhagel vernichtet. Anschließend wurde das Zentralgebäude zur heutigen Chirurgischen Klinik ausgebaut, und aus dem Bettenhaus entstand die bis zum Herbst 1999 genutzte Kinderklinik. 

1999