Betroffenenbericht
Ein Viertel Jahr nachdem mein Sohn eingeschult worden war, vermutete seine Klassenlehrerin bei ihm ADHS. Also machten wir uns auf, es herauszufinden. Damit begann ein Marathon bei verschieden Ärzten, die diverse Untersuchungen und Tests durchführten. Das Ganze dauerte fast ein Jahr. Nach der Diagnose bekam er Medikamente. Trotzdem gelang es ihm weiterhin nicht, in der Schule konzentriert mitzuarbeiten. Außerdem fiel er durch sein unruhiges Verhalten auf, wo immer wir waren und was wir machten. Da fühlt man sich als Eltern unwohl. Es schwang immer das Gefühl mit, das man sein Kind nicht richtig erzogen hätte. Aber es tauchten auch viele Fragen auf, wie man sich in bestimmten Situationen zu verhalten hat. Der Umgang mit den Medikamenten und ihren Nebenwirkungen. Fragen über Fragen und Unsicherheiten zu vielem.
Beim ADHS-Elterntraining gab es Schritt für Schritt bzw. Treffen für Treffen Antworten auf Fragen, die wir in bestimmten Schritten bearbeitet haben. Gut tat es auch, Menschen zu treffen, die ähnliche Erfahrungen, wie man selbst gemacht haben. Es ist schön, sich auszutauschen über Erfahrungen, darüber zu sprechen und Verständnis zu bekommen. Deshalb hatte unsere Gruppe nach Beendigung unseres Kurses beschlossen, sich weiter zu treffen und eine Selbsthilfegruppe zu gründen. Wie wir alle feststellen mussten und eine Teilnehmerin aus unser Gruppe so schön ausdrückte: „Die Treffen sind Streicheleinheiten für die Seele der Eltern“. Und so empfinde ich es auch!!! Es ist gut über die Erfahrungen zu sprechen und sich untereinander Rat zu holen.
Unser Leben mit Phillip
- war als Baby ein Schreikind
- im Kleinkindalter waren seine Wutausbrüche auffallend
- im Kindergartenalter viel allein gespielt, wenig Interesse an Gruppenaktivitäten, aggressives Verhalten gegenüber Eltern (vor allem Mutter), sehr gute Sprachentwicklung, Motorik auffällig, große Phantasie (imaginärer Freund), noch immer inkontinent (Stuhl und Harn)
- in der 1. Klasse verhaltensauffällig: Harninkontinenz, wenig Freunde, verträumt, Rechtschreibung und Mathematik bereiteten große Schwierigkeiten -> Klassenlehrerin vermutet ADS -> Test bei Kinderarzt positiv -> Schulwechsel zum Beginn der 2. Klasse auf SfE
- wir haben uns sehr belesen und versucht alles anzuwenden, was wir wussten, trotzdem kaum Besserung, auch in der Schule große Konzentrationsprobleme und Schwierigkeiten im Stoff mitzukommen -> seit Dez. 2010 Gabe von Medikinet -> Besserung, solang Wirkung anhält
- auf Anraten von Kinderärztin suchten wir in der Uniklinik Rat, wo wir am Elterntraining teilnehmen durften und zusätzlich eine Verhaltenstherapie bei ihm durchgeführt wird -> erneute Besserung, jedoch Inkontinenz wieder verstärkt mit Stuhlinkontinenz -> 10-wöchiger stationärer Aufenthalt in der Uniklinik, welche weitere Fortschritte brachte, doch aufgrund der fehlenden Möglichkeit die Medikation zu erweitern am Abend immer noch Verhaltensauffälligkeiten
- zusätzlich nehmen wir 1x wöchentlich an einer ambulanten Ergotherapie, außerhalb der Uniklinik, teil, durch welche wir immer weitere Fortschritte mit ihm machen und sein Verhalten sich sehr verbessert hat
Was hat uns das Elterntraining gebracht?
- wir haben unser Wissen auffrischen können und neue Erkenntnisse sammeln dürfen
- unser Verständnis für seine Situation ist gewachsen und wir versuchen dementsprechend auf ihn einzugehen
- wir konnten schwierige Situationen mit Fachpersonal besprechen und mit ihnen gemeinsam nach Lösungen suchen
- das Wissen: WIR SIND NICHT ALLEIN!!!
- es hat uns die Möglichkeit gegeben, über unsere Probleme reden zu dürfen und auf Verständnis zu stoßen
- wir erhielten Zuspruch, unser Bestes getan zu haben und Motivation nicht aufzugeben
- aus diesem Elterntraining entstand eine Selbsthilfegruppe, welche wir Muttis gern als „Seelenstreichler“ bezeichnen