Schizophrenie
Von Schizophrenie sind annähernd 0,7 Prozent der Weltbevölkerung betroffen (Saha et al., 2005) und die Erblichkeit der Erkrankung wird auf 80 Prozent geschätzt (Gottesman and Gould, 2003). Veränderungen im Dopamin- und Glutamatsystem konnten bereits mit der Entstehung und dem Verlauf der Krankheit in Verbindung gebracht werden. Bisher sind allerdings die exakten biochemischen Abberationen unbekannt. Ein solches Wissen ist jedoch von grundlegender Bedeutung für die Entwicklung entsprechender Pharmazeutika und einer gezielten Pharmakotherapie.
Genetische Assoziationsstudien können helfen die zu Grunde liegenden biologischen Mechanismen zu verstehen. Jedoch sind die Ergebnisse von herkömmlichen genetischen Assoziationsstudien bei vererbbaren psychischen Störungen, wie Schizophrenie, oft inkonsistent (O'Donovan et al., 2009).
Eine der Ursachen dafür könnte in der Ungenauigkeit der klinischen Phänotypen von psychischen Erkrankungen liegen. Deshalb gibt es seit kurzer Zeit Bemühungen genetische Polymorphismen mit den zu Grunde liegenden physiologischen Aspekten von psychischen Erkrankungen, den sogenannten intermediäre Phänotypen, zu verknüpfen. Dieser Ansatz verspricht verlässlichere Ergebnisse (Gottesman and Gould, 2003). Eine beeinträchtigte neuronalale Aktivität bei Arbeitsgedächtnisaufgaben, ein reduziertes Hippokampusvolumen und eine reduzierte kortikale Dicke sind bekannte Charakteristika und vererbbare hirnbasierte intermediäre Phänotypen von Schizophrenie (Hall and Rijsdijk, 2008). Wir und andere konnten zeigen, dass Zusammenhänge zwischen Kandidatengenen und einigen der genannten Phänotypen bestehen (Ehrlich et al., 2010). Der dabei genutzte Ansatz zur Auswahl der Gene basiert jedoch auf Annahmen zur Pathophysiologie der Schizophrenie, was die Entdeckung neuer biologischer Mechanismen möglicherweise verhindert. Zudem können die bereits bekannten genetischen Varianten, die mehrfach mit Schizophrenie in Verbindung gebracht wurden, nur einen Bruchteil der Varianz erklären.
Unsere Arbeitsgruppe wird klinische, neuropsychologische, genom-weite SNP und multi-modale Bildgebungsdaten einer groß angelegten Multicenter-Studie zur Schizophrenie nutzen, um neue Konzepte der Datenreduktion und multivariate Analysemethoden zu erproben. Unser Ziel ist es, Zusammenhänge zwischen vererbbaren Risikofaktoren und Biomarkern der Schizophrenie herzustellen.
Ansprechpartner: Prof. Dr. Stefan Ehrlich
Arbeitsgruppe: Angewandte Entwicklungsneurowissenschaften
- Ehrlich S, Morrow EM, Roffman JL, Wallace SR, Naylor M, Bockholt HJ, Lundquist A, Yendiki A, Ho, BC, White T, Manoach DS, Clark VP, Calhoun VD, Gollub RL & Holt DJ 2010. The COMT Val108/158Met polymorphism and medial temporal lobe volumetry in patients with schizophrenia and healthy adults. Neuroimage, 53, 992-1000.
- Gottesman II & Gould TD 2003. The endophenotype concept in psychiatry: etymology and strategic intentions. Am J Psychiatry, 160, 636-45.
- Hall MH & Rijsdijk F 2008. Validating endophenotypes for schizophrenia using statistical modeling of twin data. Clin EEG Neurosci, 39, 78-81.
- O'Donovan MC, CRADDOCK NJ & OWEN MJ 2009. Genetics of psychosis; insights from views across the genome. Hum Genet, 126, 3-12.
- Saha S, Chant D, Welham J & McGrath J 2005. A systematic review of the prevalence of schizophrenia. PLoS Med, 2, e141.
- White T, Magnotta VA, Bockholt HJ, Williams S, Wallace S, Ehrlich S, Mueller BA, Ho BC, Jung RE, Clark VP, Lauriello J, Bustillo JR, Schulz SC, Gollub RL, Andreasen NC, Calhoun VD & Lim KO 2009.
- Global White Matter Abnormalities in Schizophrenia: A Multisite Diffusion Tensor Imaging Study. Schizophr Bull.