September 2018 - DFG-Forschungsgruppe zu Tic-Störungen an der KJP
Neue Forschungsgruppe "Kognitive Theorie des Tourette Syndroms - Ein neuer Ansatz"
Etwa 15 Prozent der Kinder zwischen 6 und 10 Jahren sind von einer meist milden Tic-Störung, wie bspw. Blinzeln oder Räuspern betroffen. "Seit dem Kindergarten und der frühen Schulzeit ist mir bewusst, dass ich bestimmte Dinge habe", sagt Thomas, der heute beruflich aktiv ist und es gut schafft, seine spontanen Bewegungen zu verbergen. "Das Augenzwinkern war eigentlich das Erste, was da war", erinnert er sich. "Gerade als Kind, da hat man mir immer gesagt, der ist nervös. Und meine Mutter hat dann noch bemerkt, ja, wenn das nicht besser wird, dann müssen wir mal in die Psychiatrie. Das macht natürlich Angst." Mittlerweile ist das über 20 Jahre her. Und bis heute fehlt ein übergeordnetes Konzept zum Verständnis dieser Störung. Hier will die standortübergreifende Forschungsgruppe durch einen alters- und fächerübergreifenden Ansatz an den Schnittstellen von Neurologie, Psychiatrie, Pädiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, sowie kognitiver und Entwicklungspsychologie einen Beitrag leisten und im Rahmen eines kognitiven Modells mit Methoden der systemischen Neurowissenschaften (EEG, MRT, TMS) die Neurobiologie von Tics und deren Bedeutung für die motorische Entwicklung systematisch analysieren.
Leiter der Gruppe sind Prof. Dr. Christian Beste, Kognitive Neurophysiologie, Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus an der Technischen Universität Dresden und Prof. Dr. Alexander Münchau vom Institut für Neurogenetik, Center for Brain, Behavior and Metabolism der Universität zu Lübeck.
Thomas verbindet als Patient damit auch eine Hoffnung: "In der Gesellschaft ist ja immer das akzeptiert, was vermeintlich normal ist und die Makel der anderen sind immer das Problem. Aber gerade Leute mit einer Tic-Störung haben damit oftmals das geringere Problem, als das Umfeld. Und deshalb denk ich, müsste man normaler damit umgehen."
Tic-Störungen sind nicht nur einfach eine Krankheit, welche die Betroffenen im alltäglichen Leben negativ beeinflusst. Die neuropsychiatrischen Auffälligkeiten sorgen wahrscheinlich auch für positive Effekte, denn es liegt nahe, dass Betroffene, unter bestimmten Bedingungen, motorisch besser lernen.
Die Förderung der DFG ermöglicht aktuell 203 Forschungsgruppen eine intensive Auseinandersetzung mit den aktuellen wissenschaftlichen Themen der Fachbereiche und treibt so den Erkenntnisgewinn voran. Die maximale Förderdauer dieser Projekte beträgt zurzeit zweimal drei Jahre.