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Pädiatrische Neurochirurgie und Hydrocephalus

Die Sektion Pädiatrische Neurochirurgie (Kinderneurochirurgie) befasst sich mit der Diagnose, Therapie und Nachsorge von Erkrankungen des Gehirns, des Rückenmarks, der peripheren Nerven, des Schädels und der Wirbelsäule bei Neugeborenen, Säuglingen, Kindern und Jugendlichen. 

In Anbetracht dessen, dass sich das Gehirn und das Nervensystem der Kinder in der Entwicklung befindet, ist in der Behandlung von Kindern mit Erkrankungen des Nervensystems eine besondere Herangehensweise erforderlich. Wir arbeiten hierzu interdisziplinär eng mit der Pädiatrie, Kinderintensivmedizin, Kinderanästhesie, Kinderradiologie, Neuroradiologie, Kinderchirurgie, Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Plastischen Chirurgie und weiteren Fachgebieten des Universitätsklinikums Dresden zusammen.  Unser spezialisiertes erfahrenes Team bietet in enger Kooperation mit den Kollegen der verschiedenen Fachgebiete eine höchstqualifizierte individualisierte Behandlung an, die auf einen optimalen Therapieerfolg für die Kinder abzielt, aber auch Eltern und Familie der Kinder in die Behandlungsabläufe mit einbezieht.
Durch die neue und topmoderne operative Infrastruktur (Mikroskop, intraoperatives MRT, Neuronavigation, Ultraschall, Endoskop, intraoperatives elektrophysiologisches Monitoring, Ultraschallaspiratoren, Stereotaxie) und das hoch spezialisierte Fachpersonal können wir eine operative Behandlung auf dem international höchsten Stand anbieten. Unter Einsatz unser Fachwissen, Erfahrung, Engagement und Einfühlungsvermögen wollen wir hierbei das bestmögliche Behandlungsergebnis für Ihr Kind erreichen.

In der Klinik für Neurochirurgie wird das gesamte Spektrum der Kinderneurochirurgie behandelt. Dieses beinhaltet die operative Behandlung von Hirntumoren, spinalen Tumoren, Hydrozephalus, Gefäßfehlbildungen, Epilepsie, Spastik, Hirnblutungen, Tethered cord Syndrom, Trauma und Infektionen des Zentralen Nervensystems. Weiterhin werden angeborene Fehlbildungen wie zum Beispiel Spina bifida (aperta und occulta), Kraniosynostosen (abnormale Schädelentwicklung) und Arachnoidalzysten therapiert.
Durch unseren operativen Einsatz wird die Heilung, klinische Besserung oder Wiederherstellen neurologischer Funktionen angestrebt. 

Ein wichtiger Aspekt der Kinderneurochirurgie ist die sorgfältige Abwägung von Risiken und Nutzen. Aus diesem Grund wird die individualisierte Behandlungsstrategie nach interdisziplinärer Falldiskussion und immer unter Berücksichtigung der Bedürfnisse des Kindes und seiner Familie festgelegt. So werden beispielsweise bei allen Kindern mit Tumoren des Nervensystems im pädiatrischen Tumorboard die Ziele der operativen Behandlung besprochen. Entsprechend dem Operatiosergebnis und der feingeweblichen und molekularen Untersuchung des entfernten Tumors erfolgen nach der Operation die Abschätzung der Prognose und die Empfehlungen für die bestmögliche Weiterbehandlung. Die sorgfältige Nachsorge findet hierbei gemeinsam durch Neurochirurgen und Pädiatern sowohl in der neurochirurgischen Kindersprechstunde als auch in der kinderonkologischen Ambulanz und im Sozialpädiatrischen Zentrum der Universitätsklinikums Dresden (SPZ) statt.

Ihre Ansprechpartner

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Prof. Dr. med. St. B. Sobottka, M.B.A.

Sektionsleiter Pädiatrische Neurochirurgie


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Dr. med. D. Emmanouilidis

Stellvertretender Sektionsleiter Pädiatrische Neurochirurgie


 

Schädelfehlbildungschirurgie bei Kindern


Vorzeitige Schädelnahtverknöcherungen (prämature Kraniosynosthosen) führen neben dem kosmetischen Aspekt einer Schädelfehlbildung zur Einengung des Schädelinnenraumes. Das wachsende Gehirn kann durch die damit verbundene Steigerung des intrakraniellen Druckes schwer und irreparabel geschädigt werden (einschl. Sehnerven).

Da nicht nur der Hirnschädel, sondern auch der Gesichtschädel betroffen ist, erfordert die operative Versorgung eine interdisziplinäre Zusammenarbeit. Seit über 14 Jahren werden diese Erkrankungen in gemeinsamen Operationen der Kliniken für Kinderchirurgie, Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie sowie Neurochirurgie erfolgreich behandelt.

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Plagiocephalus (Schiefkopf) aufgrund einer vorzeitigen Nahtverknöcherung vor OPnormal geformter Schädel nach dem Eingriff mit deutlicher Korrektur im Stirnbereich

Tumorchirurgie

 Die häufigste Lokalisation befindet sich in der hinteren Schädelgrube.
Es kommen jedoch auch Kinder zur Aufnahme, deren Tumoren in den Hirnkammern des Großhirns oder im Bereich der vorderen Schädelbasis liegen.







  • Bei Kindern wird nach Möglichkeit stets eine vollständige Tumorexstirpation angestrebt. 

  

Postoperativ werden routinemäßig MRT-Kontrollen vorgenommen, die das Ausmaß der Tumorexstirpation dokumentieren. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, um objektiv die postoperative Ausgangssituation für u.U. notwendige weitere Therapiemodalitäten darzustellen.

    

                                                           

In der interdisziplinären Zusammenarbeit mit der Abteilung für Neuropädiatrie der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin ist die postoperative Behandlung der Kinder, die auch hier während ihres stationären Aufenthalts betreut werden, gesichert.

Sofern es die Diagnose des Tumors erfordert, werden Strahlen- und/oder Chemotherapie nach bundesweit anerkannten Studienprotokollen durchgeführt.

Wann liegt ein Hydrocephalus vor?

Gehirn und Rückenmark sind von Hirnhäuten und dem knöchernen Schädel umhüllt. Diese schwimmen im Nervenwasser, dem so genannten Liquor cerebrospinalis und werden durch diesen wie durch einen „Airbag“ von äußeren mechanischen Einwirkungen geschützt. Ein Liquorkreislauf funktioniert wenn sich Produktion und Absorption von Liquor die Waage halten. Liquor wird unter anderem von speziellen Zellen in den Hirnkammern gebildet. Die Hirnkammern bilden ein hintereinandergeschaltetes Liquorbildungs- und Transportsystem. Dieses wird in 4 Hauptkammern eingeteilt. Die beiden Seitenventrikel stehen mit dem dritten in Verbindung. Von dort zieht die Verbindung zum vierten Ventrikel, der sich in den Zentralkanal des Rückenmarks fortsetzt. Die inneren und äußeren Liquorräume stehen über dem Subarachnoidalraum, miteinander in Verbindung.

Das Hirnwassersystem des Menschen enthält ca. 150-200 ml Liquor. Eine zu hohe Liquorproduktion und/oder eine Liquorabflussstörung können zu einem erhöhten Hirndruck führen. Da täglich etwa 500 ml Liquor gebildet werden, muss dieser auch wieder resorbiert werden, da sonst der Hirndruck kontinuierlich ansteigen und ein Hydrocephalus entstehen würde. Nach einer Blutung im subarachnoidalen Raum kann es auf Grund der Menge des Blutes zu einer Verlegung des Liquorabflusses kommen (Hydrocephalus occlusus). Eine Störung der Liquorabflussstellen kann ebenso durch im Blut befindliche Proteine entstehen, die feine Abflussstellen verkleben und dadurch einen Hydrocephalus (malresorptivus) auslösen.

Hydrocephalus ist der Zustand, bei dem es zu einer Ansammlung des Liquors im Schädel kommt. Es kommt zu einem Missverhältnis zwischen der Liquorproduktion und Liquorrückführung. In Abhängigkeit von intrakraniellen „Reserveräumen“ kommt es durch die Druckausübung auf das Gehirn zu der klinischen Symptomatik, der Hirndrucksteigerung.

Wie äußert sich ein Hydrocephalus im Alltag?

Der Hydrocephalus kann aufgrund der oben genannten Kriterien zu einer Hirndrucksteigerung führen. Diese kann einhergehen mit:

  • Kopfschmerzen
  • Nackenschmerzen
  • Übelkeit
  • Erbrechen
  • Sehstörungen (mit Stauungspapillen, Doppelbildern)
  • Bewusstseinsstörung

Bei Kindern bzw. Säuglingen die sich verbal nicht äußern können, kann es zu gestörtem Trink-/Essverhalten, schrillem Schreien und einer Änderung des Bewusstseins kommen. Wenn die Schädelnähte noch nicht verknöchert sind (in den ersten 2 Jahren) kann es bei einem Hydrocephalus zu einem verstärkten Kopfwachstum und/oder zu gespannten Fontanellen kommen.

Weitere Zeichen eines gesteigerten Hirndruckes (akut, chronisch) können sein:

  • Feinmotorikstörung
  • Gangunsicherheit
  • Schielen
  • Gesichtsfeldausfälle
  • Sonnenuntergangsphänomen (bei Kindern Abwärtsblick der Augen bei geöffneten Lidern)
  • Konzentrations-/Entwicklungsstörung, Lernschwäche
  • Verhaltensauffälligkeiten
  • Schluckbeschwerden

Im weitesten Sinne können sich viele neurologische Defizite als Zeichen des gesteigerten Hirndruckes/Hydrocephalus äußern. Dadurch kann die Diagnose eines Hydrocephalus anfangs schwer sein.

Wie kann es zu einem Hydrocephalus kommen?

Die Hydrocephalus-Entstehung kann multifaktoriell sein.

Ein Hydrocephalus kann bei bereits noch nicht geborenen Individuen intrauterin bestehen. Er kann aber auch in jedem Lebensalter in Abhängigkeit der Genese entstehen.

So können z.B. Neuralrohrdefekte (Entwicklung des Gehirns und des Rückenmarkes), Entzündungen, intrakranielle Blutungen, Schädel-Hirn-Traumata und Neubildungen des Zentralnervensystems zu einem akuten oder chronischem Hydrocephalus führen.

Liquorabflussstörung aufgrund einer intrakraniellen Raumforderung:

Links: Beispiel eines Hydrocephalus aufgrund einer großen Raumforderung im Bereich des III. Ventrikels. Rechts: Kleine Raumforderung (Kolloidzyste) die eine Liquorabflussstörung verursacht.

Links: Beispiel eines Hydrocephalus aufgrund einer großen Zyste vor dem Hirnstamm. Rechts: Nach Operation mittels Ventrikulozisternostomie und dargestelltem Liquorfluss vor dem Hirnstamm.

Links: Beispiel eines Hydrocephalus aufgrund einer großen Raumforderung im Bereich der hinteren Schädelgrube.Rechts: Zustand nach Entfernung der Raumforderung.

HAKIM-Trias (Normaldruckhydrocephalus - eine Sonderform des Hydrocephalus)

Eine Sonderform des Hydrocephalus nimmt der idiopathische Normaldruckhydrocephalus ein.

Obwohl dies als ein Hydrocephalus im vorgeschrittenem Alter bezeichnet wird, kann dieser in einigen Fällen "sekundär" als Zustand nach Hirnhautentzündung oder klinisch unerkannten stattgefundenen Subarachnoidalblutungen im jüngeren Alter auftreten.

Der idiopathische Normaldruckhydrocephalus geht typischerweise einher mit der sogenannten „Hakimschen Trias“:

  • Gangunsicherheit (kleinschrittig, breitbasig, langsamer unsicherer Gang)
  • Dementielle Symptomatik wie Vergesslichkeit
  • Wesensveränderung
  • Blaseninkontinenz (fortgeschritten: Stuhlinkontinenz)

Kopfschmerzen sind bei dem Normaldruckhydrocephalus eher selten anzutreffen. Im Verlauf der diagnostischen Abklärung müssen neurodegenerative Erkrankungen, die ebenso ähnliche Beschwerden verursachen können, abzugrenzen sein. Nicht selten sind bei diesen Patienten mehrere Erkrankungen anzutreffen. Eine diagnostische Abklärung muss in einer neurochirurgischen Klinik multidisziplinär erfolgen (Neurologie, Gerontopsychiatrie-Demenz-Ambulanz). Das klinische Bild kann sehr variabel sein.

Wichtig: Je eher der Normaldruckhydrocephalus diagnostiziert/behandelt wird, desto besser ist die Prognose (bzw. der weitere klinische Verlauf) des Patienten. Einige Beschwerden können sich dann zurückbilden.

Links: Präoperatives Bild (CCT-Computertomographie) eines Patienten mit einem idiopathischen (unklarem) NormaldruckhydrocephalusRechts: Postoperatives Bild nach der Versorgung mittels ventrikuloperitonealem Shunt **

** Shunt ist ein „Bypass“ bzw. ein künstlich angelegter Umweg zum Liquorabfluss aus dem Kopf, in diesem Fall in die Bauchhöhle (Katheterspitze liegend im rechten Vorderhorn)

[Links im CCT entspricht der rechten Seite des Patienten und Vice versa.]

Wie finde ich heraus ob ein Hydrocephalus bei mir vorliegt?

Sowohl die klinische Untersuchung als auch die bildgebenden Verfahren stehen im Vordergrund.

Ebenso werden regelmäßig „invasive“-therapeutisch/diagnostische Verfahren angewandt. Diese können ohne „Schmerzen“ durchgeführt werden. Hierbei wird ein Liquorumgehungskreislauf „simuliert“ (Punktion des Spinalkanals in Höhe der Lendenwirbelsäule und Gewinnung von 30-50 ml Liquor oder Anlage einer lumbalen Drainage mit einer Liquorfördermenge von ca. 150-200 ml/24h). In vielen Fällen stellt sich die Besserung der Beschwerden sofort nach der Punktion von Liquor ein.

Diese Verfahren sind standardisiert und werden in neurochirurgischen Kliniken täglich durchgeführt. Die Gerontopsychiatrie und die neurologische Abteilung spielen im Rahmen der multidisziplinären Behandlung dieser Patienten eine wichtige Rolle.

Wie ist die Therapie des Hydrocephalus?

Ein akuter Hydrocephalus mit einer meist klinischen Betroffenheit des Patienten, muss sofort behandelt werden (bzw. die Ursache dessen).
Der chronische Hydrocephalus führt unbehandelt zu Funktionsdefiziten und gehört ebenso behandelt.
Eine zufriedenstellende medikamentöse Langzeitbehandlung (assoziiert mit Nebenwirkungen) des Hydrocephalus gibt es bis dato nicht.

Prinzipiell gibt es folgende Behandlungs-Strategien:

  1. Beseitigung der Hydrocephalus-Ursache
  2. Operation: Hier wird die Raumforderung, die die Liquorzirkulation behindert, entfernt.
  3. Edoskopische Ventrikulostomie (ETV)
    Operation: Mittels eines Endoskops wird ein Liquorumgehungskreislauf innerhalb des Ventrikelsystems geschaffen.
  4. Implantation eines Shunt-Systems
    Operation: Das Shunt-System schafft einen von außen einstellbaren und künstlichen Liquorumgehungskreislauf.

Hier dargestellt das ventrikuloatrial (vom Hirnwasserkammersystem zum rechten Vorhof) und das ventrikuloperitoneal (vom Hirnwasserkammersystem in die Peritonealhöhle-Bauchhöhle) verlaufende Shunt-System.
Auf Grund des Nutzen-/Risikoprofils wird dem ventrikuloperitonealen Shunt-System der Vorzug gegeben.

Gibt es OP-Komplikationen und wer betreut mich nach der Entlassung aus der Klinik?

In der Literatur werden die Komplikationen einer Shunt-Anlage mit bis zu 30% im ersten Jahr benannt.
Meist handelt es sich um mechanische Komplikationen im Sinne der Katheterdislokation, Infektion im Verlauf des Shunt-Systems oder Katheterabrissen.

Umso mehr sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen in der neurochirurgischen Klinik wichtig. Die präoperative und postoperative Schulung der Patienten und deren Angehörigen führt zur Reduktion von Komplikationen.

Wichtig!

  1. Nicht die Bilder des Neurokraniums, sondern die klinische Symptomatik des Patienten in Korrelation mit der Bildgebung und interdisziplinären Diagnosestellung führen zu einer adäquaten Diagnose eines Hydrocephalus. Auf Grund der Hirnvolumenminderung im höheren Alter können bildmorphologische Zeichen eines Hydrocephalus bestehen  (Hydrocephalus e-vacuo). Dies geht jedoch in der Regel nicht mit der Beschwerdesymptomatik einher.
  2. Akute Zeichen eines Hydrocephalus müssen in einer neurochirurgischen Klinik abgeklärt bzw. therapiert werden.
  3. Ein Normaldruckhydrocephalus wird nicht mit wiederholten Liquorpunktionen therapiert (außer der Patient ist einer Operation (Anlage eines ventrikuloperitonealen Shunts) nicht zugänglich)
  4. Alter ist nicht die Ursache für Demenz, Inkontinenz und Gangstörung. Dies muss weiter in einer neurologischen/neurochirurgischen Klinik interdisziplinär abgeklärt werden.
  5. Patienten die auf Grund eines Hydrocephalus versorgt wurden, bedürfen regelmäßiger ambulanter Kontrollen in einer neurochirurgischen Klinik.