Projekt "ImplementDiGA" startet zum 1.1.2023
Im Rahmen der Förderung der Versorgungsforschung durch den Innovationsausschuss beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) wurde das Projekt „ImplementDiGA - Erforschung des Implementierungsprozesses von digitalen Gesundheitsanwendungen und deren Wirkungen in der Regelversorgung“ unter 161 eingereichten Anträgen zur Förderung ausgewählt (Förderbekanntmachungen Versorgungsforschung vom 7. Juni 2021). Mit einer Laufzeit von 3 Jahren ist das Projekt zum Januar 2023 gestartet und erhält eine 7-stellige Fördersumme.
Konsortialpartner sind die Techniker Krankenkasse, die BARMER und die DAK-Gesundheit. Als Kooperationspartner beteiligen sich die AOK Bayern, die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Unabhängige Patientenberatung Deutschland am Projekt. Die Konsortialführung übernimmt Frau Dr. Madlen Scheibe, Leiterin des Bereichs Digital Health am Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung am Universitätsklinikum und der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus an der TU Dresden (Direktor: Prof. Dr. Jochen Schmitt, MPH).
Digitale Gesundheitsanwendungen als Chance für die zukunftsgerichtete Weiterentwicklung der Versorgung in Deutschland?
Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGAs) – auch als „Apps auf Rezept“ bekannt - sind seit Oktober 2020 Teil der Regelversorgung für gesetzlich Krankenversicherte in Deutschland (§33a und §139e SGB V). Infolgedessen haben ca. 73 Millionen Versicherte einen Anspruch auf die Versorgung mit einer DiGA. Das deutsche Gesundheitssystem nimmt damit im internationalen Vergleich eine Vorreiterrolle ein. DiGAs sind in vielerlei Hinsicht eine Innovation im Vergleich zu etablierten Versorgungsformen und bieten diverse Chancen für eine zukunftsgerichtete Weiterentwicklung der Versorgung. Sie ermöglichen einen individuellen, orts- und sprechstundenunabhängigen Zugang zu medizinischer Versorgung. Versorgungsengpässe oder Krisensituationen wie die Corona-Pandemie können besser kompensiert werden. Zudem können DiGAs die aktive Rolle der Patient*innen stärken. Neben den Chancen gibt es aber auch ungeklärte Fragen, die Risiken im Rahmen der Implementierung und Versorgung bergen können. Es fehlen beispielsweise Erkenntnisse, inwieweit DiGAs nach einer Verordnung sinnvoll in den individuellen Behandlungspfad integriert werden (können) oder ob Patient*innen vorrangig im Alleingang mit der DiGA arbeiten. Zudem wurde bisher nicht untersucht, inwieweit sich die in den Zulassungsstudien nachgewiesenen Versorgungseffekte auch unter Alltagsbedingungen zeigen und ob die Implementierung von DiGAS tatsächlich zu einem Mehrwert für die Versorgung führt.
Projekt „ImplementDiGA“ schafft Evidenzbasis für eine ganzheitliche Beurteilung des Implementierungs- und Versorgungsprozesses mit DiGAs
Ziel des Projektes „ImplementDiGA“ ist daherdie multimethodische Erforschung des Implementierungs- und Versorgungsprozesses mit DiGAs aus Sicht von Patient*innen, Leistungserbringenden und Kostenträgern. Hierbei wird belastbare Evidenz zur Akzeptanz sowie zum Nutzungs- und Verordnungsverhalten generiert. Zudem werden die zugelassenen DiGAs sowie DiGA-nutzende Patient*innen und verordnende Leistungserbringer charakterisiert. Als weiterer wesentlicher Projektbestandteil wird die Integration von DiGAs in Versorgungsabläufe analysiert sowie deren Mehrwert, Versorgungseffekte und Kosten untersucht.
Langfristiges Ziel des Projektes ist die evidenzgeleitete, strukturierte Ableitung von konsentierten Empfehlungen für die Weiterentwicklung der Versorgung mit DiGAs im GKV-System, des DiGA-Angebots, des Zulassungsverfahrens (BfArM Fast Track), des Verordnungsverfahrens, der Preisgestaltung von DiGAs sowie deren Integration in die Versorgungsabläufe.
Die Untersuchung der genannten Themen erfolgt im Rahmen von vier Modulen. Modul 1 beinhaltet eine regelmäßig aktualisierte Charakterisierung aller zugelassenen DiGAs. Zudem werden die Zulassungsstudien aller dauerhaft zugelassenen DiGAs anhand von Critical Appraisal Tools hinsichtlich Ihrer Studienqualität beurteilt. In Modul 2 finden deutschlandweite prospektive Primärdatenerhebungen statt. Hierbei werden Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherungen, ambulante Kassenärzt:innen und Psychotherapeut:innen sowie Vertretende der Kostenträger zu Akzeptanz, Inanspruchnahme/Verordnung, Versorgungseffekten und dem Mehrwert von DiGAs befragt. Zudem wird untersucht, wie sich DiGAs in bestehende Versorgungsprozesse einfügen. In Modul 3 wird eine sekundärdatenbasierte Kohortenstudie auf Basis bundesweiter GKV-Routinedaten durchgeführt. Hierbei werden einerseits Charakteristika der DiGA-Nutzenden, der DiGA-verordnenden Leistungserbringenden sowie des DiGA-Verordnungsverhaltens untersucht. Andererseits werden die Versorgungs- und gesundheitsökonomischen Effekte von DiGAs analysiert. Hierbei werden sowohl globale als auch indikationsspezifische Outcomes betrachtet. Die Ergebnisse von Modul 1-3 werden in Modul 4 regelmäßig zusammengeführt und gegenübergestellt. Gemeinsam mit allen Projektpartnern erfolgt dann eine evidenzgeleitete und strukturierte Ableitung konsentierter Empfehlungen für die Weiterentwicklung der Versorgung mit DiGAs.
Das Projekt liefert damit erstmalig eine belastbare Evidenzbasis für eine ganzheitliche Beurteilung des Implementierungs- und Versorgungsprozesses mit DiGAs. Zusammen mit den abgeleiteten konsentierten Empfehlungen schafft das Projekt die Voraussetzungen für eine Weiterentwicklung der Versorgung mit DiGAs im GKV-System und um eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung nach § 12 SGB V zu sichern.
Mit seinem Schwerpunkt fügt sich das Projekt hervorragend in den strategisch relevanten Querschnittsbereich „Technologieentwicklung und Digital Health“ der Medizinischen Fakultät sowie in die prioritären Zukunftsthemen des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus ein.
Projektleitung
Dr. Madlen Scheibe
Leiterin Forschungsbereich Digital Health
Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV)
Tel.: +49 (0)351 458-5665