Evaluation von Modellvorhaben in der Psychiatrie nach §64b SGB V
EVA64 (Bundesweit einheitliche Wissenschaftliche Evaluation von Modellvorhaben nach §64b SGB V) untersucht Effektivität, Kosten und Effizienz von Verträgen zu innovativen Versorgungssystemen gemäß §64b Sozialgesetzbuch V (SGB V). Es werden die Interventionsgruppen (IG)) mit der Regelversorgung, d.h. kein Vertrag nach §64b SGB V (Kontrollgruppe (KG) auf Grundlage von Sekundärdaten gesetzlicher Krankenkassen verglichen.
Dabei wird auf folgende Unterfragen der Effektivität und Qualität näher eingegangen:
- Unterscheiden sich Anzahl und Dauer stationärer Aufenthalte sowie ambulanter Behandlungen zwischen IG und KG?
- Unterscheidet sich die Behandlungskontinuität bei Patienten zwischen IG und KG?
- Wie wirken sich Modellvorhaben in Bezug auf das Risiko für Kontaktabbrüche, Arzt- und/oder Krankenhaushopping, Arbeitsunfähigkeit, Wiederaufnahme, Komorbiditäten, Mortalität, Erkrankungsprogression und Leitlinienadhärenz im Vergleich zur Regelversorgung aus?
Im Bereich der Kosten und der Effizienz werden folgende Unterfragen betrachtet:
- Unterscheiden sich die psychiatrischen Versorgungskosten in den einzelnen Versorgungsbereichen (stationär, ambulant/PIA, Vertragsärzte) sowie die medizinischen Gesamtversorgungskosten zwischen IG und KG?
- Erfolgt durch die Budgetierung in Modellkliniken eine Kostenverlagerung in den haus- und fachärztlichen Bereich?
- Ist bei Modellvorhaben Leistungstransparenz gegeben?
- Führen Modellvorhaben zu einer kosteneffektiveren Verwendung der vorhanden finanziellen Mittel zur psychiatrischen Versorgung?
Hintergrund der Studie:
Psychische Erkrankungen sind komplex, sowohl im Hinblick auf ihre Ätiopathogenese als auch deren Verlauf. Dieser Erkrankungsverlauf ist oftmals durch eine lange Dauer bis zur korrekten Diagnosestellung und adäquaten Behandlung gekennzeichnet. An der Versorgung der Patienten mit psychischen Erkrankungen sind Akteure unterschiedlicher Professionen beteiligt. Dies ist Voraussetzung dafür, dass den vielfältigen Versorgungsbedarfen entsprochen werden kann, bedingt jedoch, dass eine enge und effiziente Zusammenarbeit angestrebt werden muss. Schnittstellen sind ein grundlegendes Problem der psychiatrischen Versorgung, so u.a. der Übergang von einem stationären Aufenthalt in eine ambulante Weiterbetreuung, die gemeinsame Betreuung eines Patienten durch mehrere Therapeuten und Co-Therapeuten sowie der Übergang von einer rehabilitativen Maßnahme in den ersten Arbeitsmarkt. Zudem ist die Finanzierung des psychiatrischen Versorgungssystems zersplittert.
Bereits seit längerem werden im deutschen Versorgungskontext psychiatrische Versorgungsmodelle erprobt, die über Änderungen des Anreizsystems sowohl zu qualitativen Verbesserungen der Patientenversorgung im oben genannten Sinne, als auch zu einem ökonomischeren Ressourceneinsatz führen sollen (z.B. Regionale Psychiatriebudgets (RPB) als Modelle nach §24 Bundespflegesatzverordnung sowie Modelle auf der Basis von Verträgen der Integrierten Versorgung (IV) gemäß §140a(-d) SGB V). Seit 2013 bietet §64b SGB V die Möglichkeit einer Weiterentwicklung dieser auf sektorenübergreifende, patientenzentrierte Versorgung ausgerichteten Modelle. Ein zentraler Unterschied zu den Vorläufer-Modellen ist die in §65 SGB V festgeschriebene Verpflichtung zur Evaluation.
Gemeinsames Merkmal aller Modellprojekte ist dabei die Bildung eines Gesamtbudgets aus stationärem Krankenhausbudget und den Erlösen der Psychiatrischen Institutsambulanz (PIA), wobei sich die einzelnen Modelle hinsichtlich der Abfinanzierung des Budgets (unterjährige Abschlagszahlungen, Pflegesätze, Quartalspauschalen, PEPP) unterscheiden.
In dieser Evaluation sollen anhand von Sekundärdaten die Effektivität, Kosten und Effizienz der Verträge nach §64b SGB V evaluiert werden.
Wie läuft die Evaluation ab?
Alle Patienten, die bei einer der 97 im Projekt beteiligten gesetzlichen Krankenkasse versichert sind und aufgrund einer der definierten psychischen Erkrankungen innerhalb des Evaluationszeitraums in einem Krankenhaus mit Vertrag gemäß §64b SGB V behandelt wurden/werden, werden mit Patienten der Regelversorgung verglichen. Verglichen werden Anzahl und Dauer stationärer Aufenthalte (inkl. teilstationärer und tagesklinischer Versorgung), Häufigkeit und Intensität ambulanter Leistungen sowie der Verordnung von Arznei- und Heilmitteln, sektorenübergreifende Kontinuität, Kontaktabbrüche zum psychiatrischen Versorgungssystem, Arzt- / Krankenhaus-Hopping, Arbeitsunfähigkeit, Wiederaufnahmeraten, Komorbiditäten, Mortalität, Progression, Leitlinienadhärenz und Kosten. Die Effektivität und Kosten werden anhand von Kosten-Effektivitätsanalysen gegenübergestellt. Es werden die Auswirkungen der Verträge sowohl auf die Kinder- und Jugendpsychiatrie als auch auf die Erwachsenenpsychiatrie untersucht.
Die Kontrollkliniken, die die Vergleichsgruppe darstellen, werden anhand von Daten Strukturierter Qualitätsberichte und Indikatoren des Bundesinstituts für Bau-, Stadt und Raumforschung (INKAR-Daten) mittels a priori definierter Kriterien ausgewählt.
Alle Modellprojekte, die Verträge nach §64b SGB V bis zum 31.12.2016 abgeschlossen haben und dem im Konzept beschriebenen Standardmodell entsprechen, können sich an der hier genannten Evaluation beteiligen. Diese Möglichkeit wird von der ganz überwiegenden Mehrzahl der Modellprojekte genutzt. Es wird jedes Modellprojekt einzeln und abschließend alle Modellprojekte zusammen evaluiert. Zudem erfolgt eine Meta-Analyse über alle Modellprojekte zum Abschluss der Studie.
Der Evaluationszeitraum umfasst die ersten vier Jahre des Modellvorhabens und ein weiteres Jahr des Follow-up. Hinzu kommen als individueller Prä-Evaluationszeitraum patientenindividuell zwei Jahre vor der ersten Behandlung in einer Modell- oder Kontrollklinik.
Für weitere Informationen zu EVA64:
Konsortialpartner (Dresden):
Prof. Dr. med. Jochen Schmitt, MPH
Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung
0351 458-6493
E-Mail
Studienkoordination:
Dr. Anne Neumann, MPH
Zentrum für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung
0351 458-5634
E-Mail
Konsortialpartner (Magdeburg):
PD Dr. Enno Swart
Institut für Sozialmedizin und Gesundheitssystemforschung (ISMG)
Medizinische Fakultät
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
0391 67 24306
E-Mail
Konsortialpartner (Leipzig):
Dr. Dennis Häckl
WIG2 GmbH
Leipzig
0341 3929 4010
E-Mail
Weitere Informationen
Berichte der Modellkliniken
Methodenband zu den Zweiten Zwischenberichten
Methodenband zu den Abschlussberichten
Einrichtung | Zwischenbericht | Abschlussbericht |
DIAKO Nordfriesland gGmbH | Abschlussbericht | |
Johanniter-Krankenhaus Geesthacht GmbH | Abschlussbericht | |
imland Klinik Rendsburg GmbH | Abschlussbericht | |
Westküstenkliniken Brunsbüttel und Heide gGmbH | Abschlussbericht | |
Abschlussbericht | ||
Heinrich-Braun-Klinikum Zwickau gGmbH | Abschlussbericht | |
Klinikum Hanau GmbH | Abschlussbericht | |
Krankenhaus und Poliklinik Rüdersdorf GmbH | Abschlussbericht | |
Psychiatrische Klinik Lüneburg gGmbH | ||
St. Marien-Hospital Hamm gGmbH | ||
Südharz Klinikum Nordhausen gGmbH | ||
LWL-Universitätsklinikum Bochum | Abschlussbericht | |
Vivantes Netzwerk für Gesundheit GmbH | ||
Gesundheitszentrum Wetterau gGmbH | ||
Vitos Klinikum Riedstadt gGmbH | Abschlussbericht | |
LVR-Klinik Bonn | Abschlussbericht | |
Kliniken Landkreis Heidenheim |
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