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Mehr Lebensqualität bei chronischen KnieschmerzenDr. Daniel Martin (l.) kontrolliert, ob die bei Gerald Jenert eingesetzte Elektrode, die den chronischen Knieschmerz deutlich mindert, richtig sitzt und funktioniert. Foto: UKD/Kirsten Lassig
18. Juni 2024

Mehr Lebensqualität bei chronischen Knieschmerzen

Schmerztherapien mittels direkter Nervenstimulation kommen in der Neurochirurgie zum Einsatz. | Chronischer Knieschmerz wird mithilfe einer dünnen Elektrode einfach ausgeschaltet. | Ein unkomplizierter Test ermittelt die Erfolgsaussichten bei Patientinnen und Patienten.

In Deutschland bekommen jährlich rund 150.000 Patientinnen und Patienten ein künstliches Kniegelenk. Häufig ist eine fortgeschrittene Arthrose oder eine Knieverletzung der Grund für eine solche Operation.Doch trotz guter Erfolge in der Chirurgie kann es passieren, dass die erhoffte Schmerzlinderung ausbleibt.Am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden kommt nun eine neuartige Therapie zum Einsatz, die chronische Knieschmerzen mindert, wenn die erhoffte Linderung nach dem Eingriff ausbleibt. In der Neurochirurgie des Uniklinikums werden Patientinnen und Patienten mit einer dünnen Elektrode versorgt, die die Weiterleitung des Schmerzes an das Gehirn ausschaltet. Ein Test gibt noch vor dem Eingriff Aufschluss darüber, ob diese Methode erfolgreich ist. „Die periphere Nervenstimulation hat sich als effektive Therapie bei Schmerzpatientinnen und -patienten etabliert und sorgt für wesentlich mehr Lebensqualität bei den Betroffenen“, sagt Prof. Ilker Eyüpoglu, Direktor der Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie. „Dass wir als Maximalversorger Vorreiter in der Anwendung dieser neuartigen Methode sind, unterstreicht einmal mehr die große Bandbreite unserer Therapiemöglichkeiten und Expertise“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand am Uniklinikum.

Neben Verschleißerscheinungen im Alter, wie etwa Arthrose, können Unfälle oder Sportverletzungen den Einsatz einer Knie-Endoprothese notwendig machen, auch bei jüngeren Menschen. Doch nicht immer mindert dieser Eingriff die Schmerzen. Für die Betroffenen beginnt meist eine Odyssee von einem Behandlungsansatz zum nächsten. Die meisten unterziehen sich weiteren Operationen am Kniegelenk, was aber selten zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führt. Sind alle operativen Möglichkeiten ausgeschöpft, kommen oft starke Schmerzmedikamente zum Einsatz. Diese können allerdings nicht gezielt am Knieschmerz eingesetzt werden, sondern bereiten sich im ganzen Körper aus. Zudem wird im Schnitt nur bei einem von fünf Betroffenen eine Verringerung der Schmerzen erreicht. Zusätzlich überwiegen die oft heftigen Nebenwirkungen den eigentlichen Effekt.

Direkte Neurostimulation schaltet chronischen Knieschmerz aus
Hier bietet die sogenannte periphere Nervenstimulation (PNS) eine Möglichkeit, den Schmerz direkt und einfach auszuschalten. Ein Vorreiter der direkten Neurostimulation ist der Experte für periphere Nerven am Uniklinikum Dresden, Oberarzt Dr. Daniel Martin. Er setzt die Methode bei Fällen ein, wo Nervenschädigungen nach Verletzungen oder Operationen aufgetreten und klar umschriebene Schmerzbereiche entstanden sind. Bei der direkten Neurostimulation wird der betroffene Nerv kontinuierlich durch elektrische Impulse stimuliert. Als besonders wirksam hat sich diese Art der Neurostimulation bei Knieschmerzen erwiesen. Dafür wird in einer OP eine dünne Elektrode direkt auf dem unter mikroskopischer Sicht freigelegtem Nerv platziert.

Statt der Schmerzen spüren die Patientinnen und Patienten anschließend nur noch ein minimales angenehmes Kribbeln. Die Stärke des Kribbelns können die Betroffenen selbst regulieren. Der Großteil von ihnen berichtet von einer Schmerzreduktion von über 50 Prozent, woraufhin die Schmerzmedikation reduziert werden kann. In wenigen, einzelnen Fällen ist sogar eine komplette Schmerzfreiheit möglich. Bei Gerald Jenert, der seit 2022 Patient in der Neurochirurgie des Uniklinikums ist, wurde die Elektrode im Dezember 2023 implantiert. Dem ging ein langer Leidensweg voraus. Schon seit 2010 leidet der heute 71-Jährige Dresdner unter starken Knieschmerzen, war zunächst in ambulanter orthopädischer Behandlung. Dem folgten mehrere Eingriffe wie Knorpelglättung, Arthroskopie, Narkosemobilisation, 2016 schließlich ein Prothesenwechsel. Medikamente, Physiotherapien, Reha, Schmerzarzt – all das begleitet Gerald Jenert seit vielen Jahren ohne nennenswerte Besserung. Im vergangenen Jahr beginnt er am Uniklinikum Dresden eine multimodale Schmerztherapie, Ende 2023 wird die Elektrode für die periphere Nervenstimulation eingesetzt. Die Handhabung sei einfach, der stechende Knieschmerz seitdem zu 80 Prozent reduziert. Geblieben ist ein dumpfer Schmerz direkt im Knie. „Das Gehen von längeren Strecken und allgemein eine größere Belastung sind wieder möglich“, sagt Gerald Jenert. Obwohl sich an der eingeschränkten Kniebeugung nichts geändert hat und Treppensteigen nach wie vor nicht im Wechselschritt möglich ist, bringt die Reduktion des dauerhaften Schmerzes viel Lebensqualität in den Alltag von Gerald Jenert zurück.

Einfacher Test ermittelt Erfolgsaussichten
Um eine unnötige Operation zu vermeiden, gibt es einen einfachen Test, um die Erfolgsaussichten besser einschätzen zu können. Dabei betäubt Dr. Daniel Martin den infrage kommenden Nerv mittels Lokalanästhetikum für wenige Stunden. Hat diese sogenannte Nervenblockade funktioniert, sind die Schmerzen unterdrückt – der „richtige“ Nerv ist gefunden und die Weiterleitung der Knieschmerzen in das Gehirn wird ausgeschaltet. Genau auf diesen Nerv wird die dünne Elektrode implantiert. Ein leichter Stromimpuls kann nun wie ein „Störsignal“ die Knieschmerzen dauerhaft unterbrechen. Ein weiterer Vorteil: Die Betroffenen entscheiden, wann die Nervenstimulation startet. Grundsätzlich kommt diese Methode bei allen chronischen Schmerzen nach Nervenverletzungen durch Unfälle oder Operationen an Armen und Beinen in Frage.

Kontakte für Medienschaffende

Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Klinik für Neurochirurgie
Dr. Daniel Martin, Oberarzt
Tel.: +49 351 458 11968
E-Mail:
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