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Nesselsucht - Quälende Quaddeln lassen sich gut in Griff bekommenAls sich Silvia Schirmer das erste Mal in der Urtikaria-Sprechstunde vorstellte, wurde ihre mit Quaddeln übersäte Haut von der Klinikfotografin Ina Starke dokumentiert. Drei Jahre später kehrt sie nun mit Prof. Andrea Bauer an diesen Ort zurück – mit makelloser Haut.
20. Oktober 2017

Nesselsucht - Quälende Quaddeln lassen sich gut in Griff bekommen

Universitäts AllergieCentrum informiert am 25. Oktober über Urtikaria / Zentrum zur besseren Versorgung von Patienten mit chronischem Krankheitsverlauf im Aufbau

Im Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden entsteht derzeit ein weiteres Zentrum zur interdisziplinären Versorgung von Patienten, deren Erkrankung aufwändig zu diagnostizieren und zu behandeln ist: In einem ersten Schritt werden die Abläufe der Versorgung von Urtikaria-Patienten im Bereich Dermatologie des Universitäts AllergieCentrums Anfang November von externen Experten begutachtet und zertifiziert. Ziel ist es, das interdisziplinäre Universitäts UrtikariaCentrum (UUC) als zentralen Anlaufpunkt für die Patienten zu etablieren, in dem die Kliniken für Dermatologie, für HNO-Heilkunde sowie für Kinder- und Jugendmedizin zusammenarbeiten. Bereits jetzt kooperieren die Kliniken, so dass es bei dem neuen Zentrum in erster Linie darum geht, die bestehenden Abläufe weiter zu optimieren, indem dafür ein verbindliches Regelwerk geschaffen wird.

Trotz der unterschiedlichen Auslöser ähneln die Symptome der auch als Nesselsucht bezeichneten Urtikaria einer Allergie. Dies sind oft großflächige, stark juckende Quaddeln und Schwellungen der Haut. Das erschwert die Diagnose und führt häufig dazu, dass die Urtikaria häufig erst nach einem langen Leidensweg erkannt und gezielt behandelt wird. Dank einer modernen Antikörpertherapie haben sich die Aussichten deutlich verbessert, die Nesselsucht erfolgreich zu bekämpfen. Um Betroffene und ihre Angehörige über die Erkrankung sowie die Diagnostik und Therapie zu informieren, laden die Urtikaria-Experten des Dresdner Uniklinikums zur Vortragsveranstaltung „Urtikaria /Angioödeme“ ein am

Mittwoch, dem 25.Oktober, von 17 bis 18.30 Uhr im
Hörsaal der Universitäts Kinder-Frauenzentrums (Haus 21)
Fetscherstraße 74, 01307 Dresden.

(Eingang über die Hauptpforte Fiedler-/Ecke Augsburger Straße oder über die Pfotenhauerstraße.)

„Wenn die chronische Urtikaria nicht schnell erkannt und durch Spezialisten behandelt wird, sind Patienten unnötigem Leid ausgesetzt. Doch das ist nur ein Grund dafür, neue Strukturen für eine aus medizinischer wie auch aus wirtschaftlicher Sicht hocheffiziente Versorgung zu schaffen. Auch die Umstände, dass die Krankheit in allen Altersgruppen auftritt, neben der Haut auch die Schleimhäute betroffen sein können und verschiedene Differentialdiagnosen ausgeschlossen werden müssen, sprechen für die in Zentrumsstrukturen koordinierte, fachübergreifende Diagnose und Therapie der Urtikaria. Da das Universitätsklinikum über eine langjährige Erfahrung verfügt, interdisziplinäre Zentren zu etablieren und zu betreiben, bildet das Universitäts UrtikariaCentrum einen weiteren Mosaikstein in der hochspezialisierten Krankenversorgung. Mit dem Angebot schließen wir eine Lücke in der regionalen Versorgung von Patienten, die unter dieser komplexen Erkrankung leiden“, sagt Prof. Michael Albrecht, Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Dresden.

Eine akute Urtikaria erleiden im Laufe ihres Lebens rund 20 Prozent aller Deutschen. Dabei bilden sich auf der Haut unvermittelt Quaddeln – oft erst wenige mit einem kleinen Umfang, die sich stark ausbreiten und so einen großen Teil der Körperoberfläche einnehmen können. Selbst Schleimhäute, zum Beispiel im Rachenraum, sind mögliche Ausbreitungsgebiete der Nesselsucht. Wenn die Symptome länger als sechs Wochen anhalten, sprechen Ärzte von einer chronischen Urtikaria. Diese Patienten sind einem anhaltend hohen Leidensdruck ausgesetzt.

Die Nesselsucht von Silvia Schirmer begann vor drei Jahren im Sommerurlaub. An einigen Hautstellen traten kleine, juckende Quaddeln auf. Sie vermutete erst einmal das Naheliegendste: Eine durch die Bettwäsche ihrer Unterkunft ausgelöste Kontaktallergie. Doch wieder zu Hause trat das Gegenteil ein: Die Ausschläge verschlimmerten sich so dramatisch, dass ihr Hautarzt sie krankschreiben musste. Die Nesselsucht ließ ihr Gesicht deutlich anschwellen; die heute 31-Jährige mochte sich nicht mehr in der Öffentlichkeit zeigen. Doch das war nur ein Teil ihres Leids: „Ich konnte wegen der schmerzenden Haut wochenlang nicht schlafen und konnte es auch nicht ertragen, mich zuzudecken. Um das Brennen am ganzen Körper wegzubekommen, habe ich mich in die Badewanne mit kaltem Wasser gelegt“, erzählt Silvia Schirmer. Geholfen habe aber auch das nicht.

Der Hautarzt, der Silvia Schirmer betreute, ging anfangs von der wahrscheinlicheren Deutung der Symptome aus – einer Allergie. Er testete seine Patientin auf die verschiedensten Formen. Doch finden konnte er nichts. Um dennoch etwas gegen die Hautausschläge zu unternehmen, erhielt die Dresdnerin Antihistaminika – eine Wirkstoffgruppe, die den meisten Allergikern hilft und auch bei der akuten Urtikaria eingesetzt wird. Doch der Zustand der heute 31-Jährigen blieb unverändert schlecht. Nachdem sie sechs Wochen krankgeschrieben war, erhielt sie eine Überweisung an die Urtikaria-Spezialsprechstunde der Klinik für Dermatologie des Uniklinikums. Hier wurde sie von Prof. Andrea Bauer untersucht. Dass Silvia Schirmer höchstwahrscheinlich unter der chronischen Nesselsucht litt, war der Expertin zu diesem Zeitpunkt schon klar. Doch damit war der eigentliche Auslöser noch nicht gefunden. Die chronisch spontane Urtikaria tritt häufig in Folge von infektiösen Prozessen als Fehlsteuerung des Immunsystems bei der Infektabwehr auf. Vor allem bakterielle Infektionen im Magen-Darmbereich und im Bereich von Hals, Nase und Ohren, aber auch an den Zahnwurzeln sind Ursache der Infekturtikaria. Eine weitere große Gruppe von Patienten leidet unter einer autoreaktiven Urtikaria, bei der durch körpereigene Stoffe die für die Quaddelbildung zuständigen Mastzellen aktiviert werden. Aber auch Intoleranzreaktionen gegen Pseudoallergene wie Aroma,- Konservierungs- und Farbstoffe aber auch gegen natürliche Nahrungsmittelbstandteile können für die Nesselsucht verantwortlich sein. Um dies herauszufinden, betreibt das Team um Prof. Andrea Bauer Detektivarbeit: Systematisch müssen alle Möglichkeiten abgeklärt werden. Auch die, dass es sich doch um eine Allergie oder eine Unverträglichkeit handelt. In dieser Situation profitieren die Patienten des Uniklinikums von der hier gelebten interdisziplinären Zusammenarbeit der Kliniken für Dermatologie, für HNO-Heilkunde sowie für Kinder- und Jugendmedizin.

Aufgrund des großen Leidensdrucks der 31-Jährigen wurde bei ihr umgehend mit einer innovativen Antikörpertherapie begonnen. Aber auch hier stellte sich nicht sofort ein Erfolg ein. „Die meisten Urtikaria-Patienten sind bereits nach zwei bis drei Tagen nach Beginn der Therapie nahezu symptomfrei“, berichtet Prof. Andrea Bauer. Nicht aber Silvia Schirmer. Bei ihr musste die Dosis des Medikaments erhöht werden und die Symptome verschwanden erst nach und nach. Nun ist sie bereits seit mehr als einem Jahr ohne Quaddeln, obwohl sie keine Spritzen mit dem Antikörper mehr bekommt. Und so ist ihr heute das sie über Monate entstellende Leid nicht mehr anzusehen.

Diese therapeutischen Erfolge sind keine Ausnahme in der Urtikaria-Spezial­ambulanz der Klinik für Dermatologie. Das Team um Prof. Andrea Bauer sieht jedes Jahr 600 bis 700 Patienten. Nicht wenige davon leiden mehrere Jahre, bevor bei ihnen die richtige Diagnose gestellt wird und sie eine Therapie erhalten, die den starken Symptomen Einhalt gebieten. In manchen Fällen sind diese sogar lebensbedrohlich: Der Rachen kann beispielsweise zuschwellen, so dass Patienten ersticken. Bei einigen Patienten sind es die Lippen oder die Zunge, die stark anschwellen, was das Sprechen und Essen erheblich einschränkt.

Um den Betroffenen so gut und schnell wie möglich zu helfen, arbeiten die Urtikaria-Experten des Uniklinikums eng mit den niedergelassenen Kollegen zusammen. In den Fällen, in denen eine Praxis nicht mehr weiter weiß, kann sie ihre Patienten direkt im Klinikum anmelden und diese bekommen je nach Schwere der Symptome umgehend einen Termin. Um die für eine zügige Diagnose der komplexen Erkrankung notwendigen internen wie externen Abläufe so effizient zu organisieren, haben sich die Experten des Uniklinikums entschieden, das Universitäts UrtikariaCentrum ins Leben zu rufen. In einem ersten Schritt werden dazu die Abläufe und Strukturen im Bereich Dermatologie des UAC zertifiziert.

Um Patienten, deren Angehörige und Interessierte über die Urtikaria sowie die Behandlungsoption zu informieren, laden die Experten des Uniklinikums am Mittwoch, dem 25. Oktober, um 17 Uhr in den Hörsaal des Kinder-Frauenzentrums (Haus 21) ein. An diesem Nachmittag halten die Urtikaria-Experten des UAC vier kurze, praxisrelevante Vorträgen zu den Themen: Klinische Bilder und Diagnostik, Urtikaria-Therapie, Angioödeme, Urtikaria bei Kindern – Fallvorstellung. Im Anschluss an die Vorträge können Fragen gestellt werden. Eine Voranmeldung unter UAC@uniklinikum-dresden.de erleichtert die Planung. Unter dieser E-Mail-Adresse können Interessierte bereits im Vorfeld Fragen stellen, auf die dann in den Vorträgen eingegangen wird.

Kontakt für Journalisten
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden Klinik für Dermatologie Prof. Dr. med. Andrea Bauer Tel. 0351 458-29 47 E-Mail: allergologie@uniklinikum-dresden.de www.uniklinikum-dresden.de/der www.uniklinikum-dresden.de/uac