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Strahlen öffnen die Tür für neue Formen biologischer Krebstherapie

Im Dresdner Partnerstandort des „Deutschen Konsortiums für translatonale Krebsforschung“ geht es um die Weiterentwicklung der Protonentherapie, mit der Krebspatienten schonender und wirksamer bestrahlt werden können.

Prof. Michael Baumann und PD Dr. Daniel ZipsDer Ruf der Strahlentherapie als ausschließlich technologisch orientierter Form der Krebsbehandlung wandelt sich rasant: Die Kraft der immer präziser werdenden Strahlen wird zum Beispiel künftig nicht mehr ausschließlich zum direkten Abtöten von Tumorzellen genutzt. Nach den Vorstellungen des Radioonkologen Professor Michael Baumann übernimmt die Strahlentherapie bei bestimmten Krebsarten eine neue Rolle: Indem Photonen oder Protonenstrahlen die Zellmembran verändern, entstehen Angriffspunkte für eine Antikörpertherapie. „Als Antwort auf die Strahlen bilden sich bestimmte Eiweißmoleküle auf der Zelloberfläche, auf die wir gezielt Medikamente ansetzen können“, erklärt Michael Baumann, Direktor der Klinik für Strahlentherapie und Radioonkologie. Im Labor lassen sich Antikörper individuell auf diese Eiweiße programmieren, die so den Weg zu den Krebszellen finden und sie attackieren oder blockieren.

Neben anderen wichtigen Themen wird diese Form der Antikörpertherapie im Dresdner Partnerstandort des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung (DKTK) erforscht und weiterentwickelt. Ziel dieses durch die Bundesregierung geförderten Verbundes von acht Partnerinstitutionen ist es, Forschungsergebnisse gezielter und vor allem schneller als bisher in die Patientenversorgung zu überführen. Das Votum des international besetzten Gutachtergremiums für das Dresdner Universitäts KrebsCentrum (UCC) als einen der DKTK-Partnerstandorte bestätigt die in den vergangenen Jahren hier geleistete Aufbauarbeit. Die Gutachter überzeugten nicht nur die Forschungsvorhaben des UCC und seiner Mitantragsteller, dem Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf und dem Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik, sondern auch deren anerkannte Expertise in der Therapie von Tumorerkrankungen sowie die enge fachübergreifende Zusammenarbeit der hier tätigen Ärzte und Wissenschaftler.

Das Konsortium verleiht den wissenschaftlichen Aktivitäten des UCC weitere Impulse: „Wir können unsere Forschungsaktivitäten in Dresden ausbauen, auf Forschungsressourcen der DKTK-Partner zugreifen und vor allem durch gemeinsame Studien schneller neuartige Verfahren aus der Entwicklung in die klinische Anwendung bringen, um hierdurch die Heilungserfolge weiter zu verbessern“, sagt der Internistische Onkologe Professor Gerhard Ehninger, geschäftsführender Direktor des UCC und Direktor der Medizinischen Klinik I.

Einen wesentlichen Vorteil beim verstärkten Einsatz von Antikörpern bei der medikamentösen Krebstherapie sehen die Dresdner Onkologen in der Zielgenauigkeit: Diese Proteine entwickeln ihre Wirkung nur an den vorher genau definierten Zellen. Dabei reicht es in vielen Fällen aus, dass sie eine Verbindung mit der Tumorzelle eingehen, um sie zu blockieren. Antikörper lassen sich aber auch als Transporteure von Wirkstoffen nutzen. Das trägt dazu bei, unerwünschte Nebenwirkungen zu verringern oder ganz auszuschließen – zum Beispiel beim Einsatz von Zytostatika, die zu Haarausfall und Schädigungen von Schleimhäuten oder einer verringerten Bildung von roten und weißen Blutkörperchen führen. Mit dem Einsatz von Antikörpern nach oder zusammen mit einer Strahlentherapie erweitert sich das Spektrum individualisierter Krebstherapien.

Einen weiteren Ansatzpunkt des Dresdner Forschungsprogramms zur Verbesserung der Krebstherapie bilden innovative Bildgebungsverfahren. Dazu gehört vor allem die mit der Computertomographie und Magnetresonanztomographie kombinierte Positronenemissionstomographie (PET). Zur Auswahl und Kontrolle des besten Therapieverfahrens setzen die Ärzte und Wissenschaftler des Universitäts KrebsCentrums im Rahmen von Studien bereits heute auf solche Methoden: „Dabei geht es uns darum, den Zustand des Tumors vor jedem Therapieschritt zu untersuchen. Bestimmte Krebsarten werden während der Behandlung zunehmend resistent, sie härten sich sozusagen ab“, nennt Michael Baumann ein Beispiel. Deshalb ist es entscheidend, die biologischen Eigenschaften der Tumore in jeder Therapiephase zu kontrollieren. „Sauerstoffmangel oder eine hohe Konzentration von Milchsäure geben uns wichtige Hinweise, wie wir eine Behandlung möglichst effektiv gestalten können“, erklärt der Radioonkologe Daniel Zips, der Leiter der Forschungsgruppe „Experimentelle Strahlentherapie und Strahlenbiologie von Tumoren“. Die bei speziellen Untersuchungen gewonnenen Informationen fließen in die weitere computergestützte Bestrahlungsplanung ein.

Das immer präzisere Wissen um die Reaktionen der Zellen auf die verschiedenen Therapieformen erschließt den Ärzten und Wissenschaftlern neue Perspektiven in der Versorgung von Tumorpatienten: „In den nächsten 20 Jahren werden wir sehen, dass die heutige Klassifizierung der Krebsarten durch eine neue, feinere Aufteilung ersetzt wird“, ist sich Michael Baumann sicher. Das stellt die Forscher der einzelnen Kliniken vor die Herausforderung, weiterhin genügend Studienteilnehmer für die Erforschung neuer Therapiekonzepte zu gewinnen. Auch hierfür liefert das DKTK den Schlüssel, indem die Partnerstandorte künftig gemeinsam Patienten rekrutieren werden. Basis dafür bilden neu zu etablierende Forschungsplattformen, die im Sinne einer effizienteren translationalen Forschung Standards setzen. Unter anderem geht es um einheitliche Bedingungen bei der Diagnostik und die Errichtung großer Gewebe- und Datenbanken. Insgesamt ist die wissenschaftliche Arbeit des DKTK in sieben translationale Forschungsprogramme unterteilt. Der Schwerpunkt des Dresdner Partnerstandorts firmiert dabei unter dem Titel „Radioonkologie und Bildgebung“, der gemeinsam mit den bestehenden Forschungsgruppen des Nationalen Zentrums für Strahlenforschung in der Onkologie – OncoRay Dresden bearbeitet wird.

Eine neue Dimension in der Strahlenbehandlung von Tumoren eröffnet die Protonentherapie, für die in Dresden bis 2013 eine eigene Anlage errichtet wird. Die Besonderheit dieser Einrichtung ist das enge Zusammenspiel zwischen Krankenversorgung und Forschung: In der neuen Protonentherapieanlage werden Wasserstoff-Ionen nicht nur mit Magnetismus beschleunigt, sondern alternativ auch mit Hochleistungslasern. Von dieser völlig neuartigen Technologie erwarten die Dresdner Mediziner und Forscher, dass sie eine neue Epoche in der Strahlentherapie mit Teilchen aufstoßen werden: Laserbeschleuniger sind flexibler und können prinzipiell unterschiedliche Teilchenstrahlen auf den Tumoren erzeugen, was die biologische Wirksamkeit beeinflusst. Zudem wird erwartet, dass die neuen Beschleuniger wesentlich kostengünstiger sind als die heutige Technologie. Die Protonentherapie kann so zu einem weit verbreiteten Standardverfahren werden, von dem eine große Zahl an Patienten profitiert.

Die derzeit in Dresden errichtete Protonentherapieanlage wird den bereits jetzt vorangetriebenen Forschungen eine weitere Dimension eröffnen. Aktuell steht der Einsatz von Photonen – der derzeit am häufigsten eingesetzten Strahlungsart – im Zentrum vieler wissenschaftlicher Arbeiten. Unter anderem geht es darum, die Präzision der Behandlung zu erhöhen und biologische Tests zu entwickeln, um die Therapie maßgeschneidert auf den individuellen Patienten anzupassen. Die in diesen und anderen Forschungsbereichen gewonnenen Erkenntnisse sollen nun zeitnah auf die Protonentherapie übertragen werden. Ziel ist es,die Chancen dieser innovativen Form der Bestrahlung so schnell wie möglich wissenschaftlich zu überprüfen und ihr damit den Weg in die Krankenversorgung zu ebnen. „Wir haben uns im DKTK das Ziel gesetzt, schnell herauszufinden, für welche Patienten mit einer Protonentherapie die Heilungschancen verbessert werden können“, so Michael Baumann.

Weitere Informationen

Deutsches Konsortium für translationale Krebsforschung – c/o Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ ) - www.dkfz.de

Lokales Netzwerk (Auswahl):

  • Universitäts KrebsCentrum (UCC) – www.ucc.med.tu-dresden.de
  • Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf – www.hzdr.de
  • Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik (MPI CBG) – www.mpi-cbg.de
  • OncoRay – Nationales Zentrum für Strahlenforschung in der Onkologie – www.oncoray.de
  • DFG-Zentrum für Regenerative Therapien Dresden (CRTD) – www.crtd.de
  • Verbundprojekt “Hochintensitätslaser für die Radioonkologie“ – onCOOPtics
  • Prof. Dr. med. Michael Baumann, Direktor der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Sprecher des „OncoRay – Nationales Zentrum für Strahlenforschung in der Onkologie”, Sprecher des Dresdner Partnerstandort des Deutschen Konsortiums für translationale Krebsforschung, Direktor des Universitäts KrebsCentrums
  • Prof. Dr. med. Martin Bornhäuser, Oberarzt an der Medizinischen Klinik I und Sprecher des Bereichs „Blutbildendes System“ am Sonderforschungsbereich 655 „Von Zellen zu Geweben“
  • Prof. Dr. med. Gerhard Ehninger, Direktor der Medizinischen Klinik I, Geschäftsführender Direktor des Universitäts KrebsCentrums und Sprecher des Sonderforschungsbereichs 655 „Von Zellen zu Geweben“
  • PD Dr. med. Daniel Zips, stellvertretender Direktor der Klinik und Poliklinik für Strahlentherapie und Radioonkologie, Leiter der Forschungsgruppe „Experimentelle Strahlentherapie und Strahlenbiologie von Tumoren“ am OncoRay.

Forschungsprojekte (Auswahl):

  • Klinische Studien zur Verbesserung der Strahlentherapie
  • Evaluation der Partikeltherapie und der Laser-Radioonkologie
  • Bildgebung für die Strahlentherapie
  • Strahlenbiologie
  • Medizinische Strahlenphysik
  • Entwicklung neuer Technologien
  • Radio-Immuntherapie
  • Radiopharmazie

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