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Rheuma – ein Begriff, viele Krankheiten

Am 12. Oktober ist Welt-Rheuma-Tag:


Peter Trinkl während der ImmunadsorptionDie Sklerodermie gehört zu den seltenen entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Sie verändert Blutgefäße und führt zur Vermehrung des Bindegewebes in Haut und inneren Organe

Am 12. Oktober ist Welt-Rheuma-Tag. Mit dem Begriff Rheuma verbinden die meisten Menschen Gelenkschmerzen, meist durch Gelenkabnützung. Der Bereich Rheumatologie an der Medizinischen Klinik und Poliklinik III des Dresdner Universitätsklinikums beschäftigt sich vor allem mit entzündlichen Rheuma-Erkrankungen, die jede Altersgruppe betreffen können. Dazu gehören die verschiedenen Formen von Arthritis. 

Es gibt aber auch ganz andere Formen von schweren, entzündlichen Rheuma-Erkrankungen. Der Dresdner Peter Trinkl (49) leidet an einer dieser Krankheiten, der diffusen Form der Sklerodermie oder Systemischen Sklerose. Die Krankheit verändert die Blutgefäße und führt zur Vermehrung des Bindegewebes. Bei Peter Trinkl wurde die Krankheit erstmals spürbar, als Ende 2008 seine Hände anschwollen. Die Finger verfärbten sich auch bei geringer Kälte blau und weiß und wurden dann bei Wärme rot. Seine Haut fühlte sich anders an. Im Mai 2008, also einige Monate zuvor, hatte Peter Trinkl einen Herzinfarkt erlitten. Während der Zusammenhang mit dem Herzinfarkt nicht erwiesen ist, sind die anderen Symptome typisch für die Rheuma-Erkrankung. Sklerodermie heißt übersetzt „harte Haut“. Zunächst betrifft die Hautveränderung meist Hände und Gesicht. Die Haut wird dicker, es entsteht eine gespannte Hautoberfläche. Dadurch wird die Beweglichkeit immer stärker eingeschränkt. Das Gesicht wird kleiner, der Mund kann nicht mehr ganz geöffnet werden. Doch die Krankheit vermehrt nicht nur in der Haut das kollagene Bindegewebe, sondern auch in inneren Organen. Zusätzlich werden Gefäßwandzellen geschädigt. Die Blutgefäße krampfen bei niedriger Temperatur. So entsteht das sogenannte Raynaud-Phänomen mit der charakteristischen Farbabfolge der Finger.

Bei den meisten Patienten bleibt die Sklerodermie unter Kontrolle. Bei Peter Trinkl nahm sie aber einen sehr schweren Verlauf. Die Haut war am gesamten Körper verdickt, die Erkrankung hatte sich auch auf die Lunge ausgeweitet. Um die Lungenbeteiligung zu stoppen, erhielt Trinkl seit Anfang 2009 Infusionen mit einem Chemotherapie-Medikament. Doch die Sklerodermie schritt fort. Peter Trinkl litt schließlich schon bei geringster Belastung unter Atemnot.

Arbeiten kann der 49-Jährige nicht mehr. Die Baufirma, die sein Großvater 1925 gegründet und die Peter Trinkl in dritter Generation geführt hatte, musste der Unternehmer schweren Herzens vorübergehend als Gewerbe abmelden. „Bis mein Neffe alt genug ist, den Betrieb zu übernehmen“, so Trinkl. Auch das Tennisspielen und der Motorsport, für den Peter Trinkl bis nach Schweden, Holland und in die Schweiz gereist ist, gehören der Vergangenheit an. Sein Bewegungsradius ist heute auf 50 Schritte eingeschränkt. „Das erhält eine gewisse Selbstständigkeit im täglichen Leben zu Hause“, meint der Patient sachlich.

Im Frühjahr 2010 ging es Peter Trinkl sehr schlecht. Die Chemotherapie schien nicht richtig anzusprechen. „Bei meinem Krankheitsbild wird ganz deutlich über den Tod gesprochen. Damit muss man sich beschäftigen“ sagt er heute realistisch. Eigentlich gab es keine etablierte Therapiemöglichkeit mehr. Gemeinsam mit seinem Rheumatologen, Prof. Dr. Martin Aringer, entschloss sich Peter Trinkl daher zu einer ungewöhnlichen Behandlung. Prof. Aringer: „Die Sklerodermie gehört zu den wenigen Rheuma-Erkrankungen, für die die Behandlung noch immer unbefriedigend ist. Auch bei dieser Krankheit werden Antikörper - vergleichbar einer Impfreaktion - gegen körpereigene Gewebe gebildet. Wir glauben, dass solche Antikörper verantwortlich sind für die Erkrankung und versuchen, sie aus dem Körper auszuwaschen.“ 

Das Auswaschen geschieht durch die Immunadsorption, einem technisch aufwändigen Verfahren. Wie bei einer Dialyse wird dabei die Blutflüssigkeit von Giftstoffen und Antikörpern gereinigt. Zweimal pro Woche muss Peter Trinkl nun für mehrere Stunden zur Behandlung. Die Therapie verträgt er gut. „Nur bei 20 Prozent der Behandlungen macht mein Kreislauf Probleme“, so der Patient. Schon seit Beginn der Therapie fühlt er sich wieder besser. Mit der ihm üblichen Disziplin trägt Peter Trinkl auch selbst viel dazu bei. So verzichtet er - trotz starker Schmerzen - auf Schmerzmittel, die sein krankes Herz zusätzlich schwächen könnten. 

Auch die Befunde wurden eindeutig besser. „Die Computer-Tomographie der Lungen zeigt praktisch keine Entzündung mehr“, freut sich Prof. Aringer mit seinem Patienten. „Allerdings haben wir es nicht geschafft, die ausgeprägte Verhärtung der Haut zu beeinflussen.“ Die ermutigenden Erfahrungen bei Peter Trinkl sollen – so die Hoffnung - auch anderen Sklerodermie-Patienten zu Gute kommen. Aringer: „Wir bereiten gerade eine offene klinische Prüfung hier an der Medizinischen Klinik III vor.“ Sollte diese erfolgreich verlaufen, könnte das ein Schritt zu verbesserten Therapiemöglichkeiten für Menschen mit einer schweren Sklerodermie-Erkrankung sein.

Kontakt

Medizinische Fakultät oder Universitätsklinikum Carl Gustav Carus
Technische Universität Dresden 
Medizinische Klinik und Poliklinik III
Prof. Dr. med. Martin Aringer
Tel.: 0351 458-4422
Fax: 0351 458-5801
E-Mail: martin.aringer@uniklinikum-dresden.de 
Internet: http://www.mk3.uniklinikum-dresden.de/

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